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Radio Mozaik FM in der Côte d’Ivoire - les voix de la diversité
Mozaik ist aber nicht nur ein Radiosender, sondern vor allem auch eine wichtige und international anerkannte Ausbildungseinrichtung für Journalist:innen. Wir sprechen mit Soul Oulai, Mit-Initiator, Gründer und Leiter von Studio Mozaik (https://studiomozaik.com/), hören die Stimmen und Beiträge angehender ivorischer Journalist:innen und natürlich viel Musik aus der Côte d’Ivoire.
Soul Oulai erzählt, wie Studio Mozaik 2014 entstanden ist, finanziert durch Fördermittel der EU und mit der Unterstützung der Culture Counts Foundation (www.culture-counts.org) in Deutschland. Auch die Fondation Hirondelle aus der Schweiz (https://www.hirondelle.org) war maßgeblich an dem Projekt beteiligt. Träger von Mozaik ist die gemeinnützige ivorische Fondation Dr. Peter Graze (https://lafondationdrpetergraze.org/). Ziel war, eine extrem praxisorientierte Ausbildung zu schaffen, um arbeitslosen Jugendlichen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Studio Mozaik nimmt immer nur 14 Teilnehmer:innen auf, die in sechs Monaten ihre journalistische Ausbildung absolvieren. Bis heute wurden insgesamt 23 Lehrgänge abgeschlossen.
Am Anfang war es nur das Radio, dann hat sich das Berufsbild des Journalismus verändert. 2016 kamen Fotoreportagen, mobiler Journalismus, Fernsehen und digitale Medien dazu. 2020 konnte dann — wieder mit Unterstützung der Culture Counts Foundation — ein Sendestudio eingerichtet und der an die Schule angeschlossene Radiosender Mozaik FM in Betrieb genommen werden.
Der Praxisbezug steht im Zentrum der Ausbildung. Die Lehrer stehen alle voll im Beruf und Studio Mozaik stellt den Auszubildenden neben den eigenen Sendestudios auch die nötige technische Ausrüstung zur Verfügung. Dass sie mit diesem Konzept richtig liegen, zeigt, dass 95% der Absolvent:innen direkt einen Job finden.
Aber Mozaik ist noch mehr als das. Mozaik besteht aus Aktivist:innen und engagierten Bürger:innen. Hier wird konstruktiver Journalismus praktiziert und gelebt und Mozaik setzt sich für die Gesellschaft und das Gemeinwohl ein. Mozaik arbeitet mit 50 Radiosendern im ganzen Land zusammen und realisiert große Informationskampagnen in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.
Mozaik steht für die Diversität in der Côte d’Ivoire. Die Diversität der Menschen, der Kulturen, der Religionen, der Musik… Es ist wichtig, dass diese Diversität zum Ausdruck kommen kann. Dafür setzt sich Mozaik ein.
Der erste Beitrag wurde von Lydie Mobio realisiert. Darin berichtet sie, wie das christliche Osterfest vom Volk der Baule „angeeignet“ wurde. Die Baule haben eine eigene Kultur und Religion, aber sie haben das christliche Osterfest — auf Französisch: Pâques — übernommen und daraus ein Fest für die Gemeinschaft gemacht: Paquino. Alle treffen sich zu Hause in den Dörfern, tragen ihre traditionelle Kleidung und es wird viel gesungen und getanzt, sagt Lydie. Das ist lebendige und gelebte Kultur — und eine kleine Homage an die Baule und auch an das Christentum. Lydie sagt, sie ist Journalistin aus Leidenschaft und weil sie gerne anderen Menschen hilft und etwas Gutes für die Gemeinschaft tut. Sie will Menschen informieren und lernt dabei auch selbst immer noch etwas dazu.
Das gilt auch für Oumar Pafdanan — von ihm stammt der zweite Beitrag, in dem es um junge Unternehmerinnen geht. Das ist ein wichtiges Thema, sagt Oumar, denn Frauen tragen genauso viel wie Männer zur Entwicklung unserer Gesellschaft bei. Viele junge Frauen brechen die Schule und ihr Studium ab, vor allem, weil ihnen die nötigen finanziellen Mittel dafür fehlen. Die meisten von ihnen finden deshalb keine Jobs. Das eigene Unternehmen ist da eine Lösung. Die junge Frau in dem Beitrag ist 24 Jahre alt und hat sich als Viehzüchterin selbstständig gemacht. Sie liebt ihren Beruf, auch wenn es anstrengend ist, ein eigenes Unternehmen zu führen.
Der dritte Beitrag stammt von Arlette Edoukou. Sie hat Germanistik studiert und stellt sich auf Deutsch vor. In ihrem Beitrag geht es um den Einfluss der von der Politik beschlossenen Gesetze auf die Bevölkerung. Politik ist immer ein Streitthema — in der Côte d’Ivoire, hier in Deutschland und überall auf der Welt. Welche Verantwortung haben die Politiker? Kommt die Politik überhaupt bei den Menschen an? Wie können die Menschen einbezogen werden? Zivilgesellschaft und Medien spielen dabei eine wichtige Rolle.
Soul Oulai erklärt, dass die Medien in der Côte d’Ivoire, seit der Unabhängigkeit in den 1960er Jahren, wie in anderen afrikanischen Ländern auch, staatlich kontrolliert waren. Mit der Demokratisierung in den 1990er Jahren haben die politischen Parteien ihre eigenen Sender geschaffen, was dazu führt, dass es viel Propaganda und praktisch keine unabhängige Berichterstattung gibt. Da gibt es noch viel zu tun in der Côte d’Ivoire und unabhängige Medien werden dringend gebraucht. 1960 gab es einen einzigen Fernsehsender, inzwischen gibt es einige private Fernsehkanäle und durch Werbung finanzierte Radiosender, aber die machen hauptsächlich Unterhaltungsprogramme. Dann gibt es noch die Radiosender der Kommunen, die natürlich auch nicht unabhängig sind. Dem Sender Mozaik FM, der an die Ausbildungseinrichtung gekoppelt ist, ist es per behördlicher Anordnung untersagt, über Tagespolitik zu berichten. Aber daneben gibt es keine wirklich unabhängigen Sender und daran hat sich bis jetzt nicht viel geändert.
Der nächste Beitrag wurde von Marina Sakandé realisiert und hat zwei Teile. Marina ist Informatikerin und hat sich aus Überzeugung für den Journalismus ent
schieden. Ihr Anliegen ist es, Menschen eine Stimme zu geben und sie will sich für Frieden einsetzen. In den beiden kurzen Beiträgen hat sie Stimmen zur Desertifizierung — also zum Problem der Wüstenbildung — gesammelt. Sie hat gefragt, was die Menschen damit verbinden und welche Handlungsoptionen sie für sich sehen. Die fortschreitende Wüstenbildung wird weitreichende Folgen haben unter anderem was die Ernährung, die Gesundheit und die Migration und damit auch die Sicherheitslage betrifft und den Zugang zu Bildung. Es stellt sich die Frage, was man dagegen tun kann. Es ist wichtig, die Bevölkerung darüber zu informieren und so zum Beispiel dafür zu sorgen, dass mehr Bäume gepflanzt und weniger Holz geschlagen wird und auch die Landwirtschaft sich anpasst. Es ist aber auch wichtig, dass der Staat die unterzeichneten Klimaabkommen einhält. Alle können etwas beitragen.
Hier werden große Zukunftsthemen angesprochen, doch Mozaik selbst hat im Moment keine Zukunft, wie Soul Oulai feststellen mu ss, obwohl es ein wichtiges soziales Projekt ist. Aber Mozaik ist von befristeten Finanzierungen abhängig und das aktuelle Projekt mit der EU und der Deutschen Welle läuft Ende 2022 aus. Danach kann Mozaik schließen, es sei denn, es findet sich ein neuer Partner. Soul Oulai schlägt vor, ein Crowdfunding zu starten und fragt, ob es vielleicht noch andere, bessere Ideen gibt. Er hofft, dass sich rechtzeitig ein neuer Partner findet, damit Studio Mozaik weiter machen kann und wir von der Redaktion hoffen das auch.
Verantwortliche Redakteurinnen: Daniela Goeller und Marieke Kodweiss und Matzel Xander ist die deutsche Stimme von Soul Oulai.
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Jingle Radioschule
Soul Oulai stellt Studio Mozaik vor
Lydie über das Osterfest der Baoulé
Oumar über Unternehmertum für Mädchen
Arlette über Auswirkungen von Gesetzen
Soul Oulai über die Medien
Marina über Desertifikation
Soul Oulai über die Zukunft von Radio Mozaik
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