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Militärische Mobilität und antimilitaristischer Widerstand in Zeiten von Covid-19
Defender 2020
Bei dem militärischen Großmanöver sollten ursprünglich 37.000 NATO-Soldaten an der russischen Grenze Krieg üben. Auf der Homepage der Bundeswehr heißt es über das Manöver bis heute noch immer in schwärmerischem Tonfall: „Transportkolonnen in der Nacht auf deutschen Autobahnen, lange Güterzüge, die durch deutsche Bahnhöfe gen Osten rollen, Panzer auf Binnenschiffen im Ruhrgebiet: Wenn die Amerikaner im kommenden Jahr mit DEFENDER-Europe 20 die Verfahren zur Verlegung von umfangreichen Kräften aus den USAUnited States of America nach Osteuropa üben, wird Deutschland aufgrund seiner geo-strategischen Lage im Herzen Europas zur logistischen Drehscheibe.“
Nachdem das Manöver zunächst trotz einer zunehmenden Eskalation im Zusammenhang mit der Ausbreitung des neuartigen Coronavirusses und auch nach dem Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmer_innen weiterlief, wurde Ende letzter Woche gemeldet, dass es vorerst „eingefroren“ sei.
Dass für die Politik die hinter Manövern wie „Defender 2020“ steht, ein Manöver wie dieses nicht nur eine Übung ist, sondern schon ganz konkrete Tatsachen geschaffen hat, wird gerade jetzt deutlich, wo es abgesagt wurde. Die Sicherheit der Menschen in Deutschland ist nicht bedroht durch einen „Feind im Osten“, sondern durch eine Politik, die über Jahre hinweg das Gesundheitssystem immer mehr auf Profitorientierung getrimmt hat und Milliarden an Steuergeldern in Kriege und Rüstung steckt. In Zeiten von Covid-19 zeigen sich die tödlichen Folgen dieser Politik noch verheerender. Das Geld, das jetzt fehlt, um überlebenswichtige Intensivbetten bereitstellen zu können steckt auch in Defender 2020.
Im Interview erklärt Jürgen welche Strategien und Interessen hinter einem Manöver wie Defender 2020 stehen, warum es sich dabei nicht einfach nur um eine kleine Logisitikübung handelt und spricht über Perspektiven möglicher Proteste der Friedensbewegung gegen dieses und alle kommenden Manöver - denn Defender 2021, Defender 2022 und Defender 2023 sind bereits in Planung.
Kriegslogistik und Militärische Mobilität
Im Interview stellt Viktoria die IMI-Analyse zu militärischer Mobilität vor. Der Begriff Military Schengen basiert auf dem Schengen-Raum in der Europäischen Union, in dem freier Waren-, Personen- und Dienstleistungsverkehr herrscht. Mit Military Schengen sollen auch militärische Truppen, Fahrzeuge und Geräte der NATO und USA ungehindert durch Europa transportiert werden können. Momentan scheitert ein reibungsloser Transport an nicht geeigneter Infrastruktur – zum Beispiel sind Straßen nicht breit genug, Tunnel nicht hoch genug und Brücken haben keine ausreichende Tragfähigkeit – und an bürokratischen Formalien, zum Beispiel umständliche Zoll- und Genehmigungsverfahren. Um den nahtlosen Transport über Ländergrenzen zu gewährleisten, sollen mit dem Konzept Military Mobility physische, rechtliche und regulatorische Hindernisse abgebaut werden.
Antimilitaristischer Widerstand der „No Muos“ Bewegung auf Sizilien
Am 11. November 2015 kletterte der Friedensaktivist Turi Vaccaro auf eine der Parabolen des umstrittenen US-amerikanischen Satellitenkommunikationssytems „Mobile User Objective System“ (MUOS) auf einem Militärgelände unweit der südsizilianischen Stadt Niscemi. Für mehr als halbe Stunde beschädigte er die Parabole mit einem Hammer, bis die ersten Soldaten eintrafen. Seit bereits drei Jahren wehren sich Bewohner_innen Siziliens gegen das gesundheits- und umweltschädliche militärische Kommunikationssystem, welches die Datenübertragungskapazität erhöht und somit u.a. den Einsatz von Drohnen erleichtert. Wiederholt führten Aktivist_innen der „No MUOS“-Bewegung direkte Aktionen gegen die Militarisierung Siziliens aus – wie z.B. die Besetzung der ebenfalls auf dem Gelände installierten Naval Radio Transmitter Antennen.
In dem Interview informiert Jackie über die aktuelle Situation des seit 2018 inhaftierten Aktivisten Turi Vaccaro, der seit Februar aus Protest gegen Schikanen und Gewalt in der Haft sowie das Projekt Muos generell im Hungerstreik ist.
Soli-Briefe an Turi:
Eine Möglichkeit zu konkreter Solidarität mit Turi sind Briefe, am besten auf italienisch oder englisch, aber auch andere Sprachen sind möglich, Sprachbarrieren sollen Euch auf jeden Fall nicht vom Schreiben abhalten! Gute Hinweise zum Briefe schreiben an politische Gefangene gibt´s zum Beispiel hier .
Turis Postadresse lautet im Moment: TURI VACCARO // Casa Circondariale Pagliarelli - Piazza P. Cerulli 1 // 90129 Palermo
Weitere Informationen zum Thema gibt es zum Beispiel hier:
Indymediartikel zu einer Soliaktion der Lu15 mit dem im Interview interviewten und ebenso von Repression betroffenen Pippo Gurrieri
(Bildquelle: https://www.flickr.com/photos/hirukaeus/29634536218)
Audio
Aktuelle Kurznachrichten zu Militarismus und Antimilitarismus
IMIaktuell_komplett_lang.mp3
Interview mit Jackie zu Repression gegen die antimilitaristische "No Muos" Bewegung auf Sizilien
Interview_No_Muos.mp3
Interview mit Viktoria zu der IMI-Analyse zu Kriegslogistik und militärischer Mobilität
Interview_Kriegslogistik_und_Militaerische_Mobilitaet.mp3
Interview mit Jürgen zum militärischen Großmanöver "Defender Europe 2020" und welche Folgen die Ausbreitung von Covid-19 auf das Manöver hat
Interview_Defender_2020.mp3