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AKTUELL 22.04.2024
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 Kunst & Kultur


Hörspiele aus der Werkstatt


Beiträge & Artikel

Skripte zum Nachlesen: Der Krimi zum zweiten ...

Im Frühjahr 2015 veranstalteten wir monatliche Hörspieltage. Beim ersten Hörspieltag schlug ich vor, den Krimi einzudampfen. Man war begeistert. Schnell vervielfältigte sich der Hörspieltag zu fortlaufenden Terminen …

 Wie bitte: „depperter Schwabe“??? Natalie war empört: „Schwäbisch ist sexy!“ Die Überarbeitung des Textes entwickelte sich zu einem Matchball zwischen ihr und Flo. Hier könnt Ihr nun das Ergebnis nachlesen, die rot unterlegten Textteile sind die im „Schau-Kampf“ (wir anderen saßen staunend drumrum) überarbeiteten, die blauen die von mir vorgefertigten.

Und dann? Kam der Sommer ...

 

Szene 1

Hundegebell. Naturathmo.

Willi, Willi, wo bist du? Komm her!

Erschreckenslaut. Da liegt ja einer!

 

Szene 2

Radiostimme: Heute morgen wurde im Auenpark ein obdachloser Mann tot aufgefunden. Laut Angaben der Polizei fiel er einem Gewaltverbrechen zum Opfer.

 

Szene 3

Klopf, Klopf.

K(ommissarin): Guten Morgen, ich bin Klara Neumann, die neue Kommissarin.

Boris („Deifl, geschrieben: Teufel) zögerlich: Und i bin de Boris Deifl.

K: Ich bin auf der Suche nach meinem Assistenten Herrn Teufel.

Boris: Des bin doch i.

K: Umso besser. Dann kommen Sie, wir haben schon unseren ersten Fall.

Absätze entfernen sich.

Boris: Au des no, n Fischkopf.

 

Szene 4

K: Wir nehmen doch keinen Streifenwagen, wir sind von der Kripo, wir nehmen den BMW da.

Boris: der hot no koin Bäpper.

K: Bäpper.

Boris: Ha der hat n grüana Bäpper.

K: Bepper?

Boris: Ha der grüane Bäpper do!

K: Ach, Sie meinen die Umweltplakette! Wir nehmen den BMW.

 

Szene 5

Autotür wird geschlossen

Boris: Um Gottes Wille! Der arme Hans, des war so n netter Kerle. – wie ka ma so jemand nur erschlage?!

K(kühl): Sie kannten das Opfer?

Boris: Haja, den hat hier jedr kennt. Eremit hat ma gsgat. Der hat immer auf dr Trepp vor der Kirch gesessen und hat mit de leide gschwätzt.

K: Gut, dann fahren wir da jetzt mal hin.

 

Szene 6

(vor der Stiftskirche, Menschenmenge und Straßenmusik ertönt, Bierflaschen klirren, Jugendliche grölen)

K: Guten Tag, kennt hier jemand den Eremiten?

Jugendlicher 1: Wer bistn DU?

K: Kommissarin Neumann von der KriPo.

Jugendlicher 2: KriPo? Krass.

Jugendlicher 1: Was istn mit dem?

K: Er wurde heute Morgen tot aufgefunden.

Jugendlicher 2: Tot?! Das waren die! Das waren bestimmt DIE!

K: Die? Wer?

Jugendlicher 2: Was er immer gesagt hat. Die sind wie ne Mafia, wie ne richtige Mafia.

K: Wen meinen sie genau?

Jugendlicher 1: Das wissen wir nicht so genau.

Jugendlicher 2 (ihm ins Wort fallend): Die haben was mit dem Hotel zu tun.

K: Mit welchem Hotel?

Boris: Meinscht du des, was da baut werde soll, des wo die Bauruine steht?

Jugendlicher 2: Ja, genau des?

Jugendlicher 1: Oder dr Michel.

Jugendlicher 2: Wieso dr Michel?

Jugendlicher 1: Ha, mei Mutter hot mol gsagt, dass die sich hassad wie'd Pescht. Dr Michel hätt den ruiniert.

 

Szene 7

K (liest) : Michel, Antiquitäten.

Dindong. Knarzendes Absatzklacken (das Knarzen kommt von dem alten Holzboden im Laden).

M: Scheene Deller, ha? Da hab i no a Biedermeierservice, feuervergoldet.

K: Ich bin nicht wegen des Porzellans hier. Ich bin Kommissarin Neumann.

M: So a hübsche Frau bei de Bolizei.

K: Ich bin hier, um einen Mord aufzuklären – und zwar den an Hans Mayer.

M: Von dem woiß i doch nix.

K: Waren Sie nicht einmal in der selben Branche?

M: Lass mi doch blos in Rua mit dem Soicher. So eine Kreiz-Granate-Frechheit. M kriegt Wutanfall, Raus aus meim Lade! Tür wird geschlossen, dahinter geht das Getobe gedämpft weiter. Was glaubt dia eigentlich, da solls doch neischlage, Himmelherrgottsakrakreizkruzifixalleluja.

K: Herr Teufel – wo waren sie?

Boris: Ha, s Audo abstelle.

K: Ich möchte, daß dieser Mann überprüft wird. Mit dem stimmt etwas nicht.

Boris: Ha, des woiß jeder, der hotn Hau.

K: Verbindungen zum Opfer, Motiv, Aufenthalt zur Tatzeit …. Handy klingelt. Neumann?

Handy: Kommisssarin Neumann?

K: Ja?

Handy: Federle von der Schwäbischen Morgenschau – ich wurde an sie verwiesen.

K: Ja?

Handy: Ich hätt´ heut´ein Interview mit dem Herrn Mayer habe solle – er wüsst etwas über die Vergangenheit des Herrn Hahn.

K: Der Oberbürgermeister?! - Wann haben sie Zeit für ein Gespräch?

Handy: Also – um 16:00 Uhr habe ich ein Interview mit dem Herrn Hahn – zwecks dem Hotelprojekt.

K: Jetzt ist es 15:10 - Dann sehen wir uns im Rathaus.

 

Szene 8

Im Rathaus:

Gemurmel: Männerstimme + Frauenstimme, weibliches Gekicher

K: „Guten Tag, mein Name ist Neumann. Ist der Oberbürgermeister zu sprechen?“

Empfangsdame: „Haben Sie einen Termin?“

K: „Nein.“

Empfang: „Dann muss ich Sie enttäuschen – ohne Termin ...“

Optionen:

1- K:„Oh, ich bin sicher, daß er Zeit für mich hat. Raschel. Klatsch. - Hier.“

2- K:„Oh, ich bin sicher, daß er Zeit für die Kripo hat. Hier, mein Dienstausweis.“

Empfang: „Oh – sie haben Glück, Frau Kommissarin, der Herr Dr. Hahn ist gerade in seinem Büro!“

Drahtzieher: „Ich kann sie gerne mit nach oben begleiten. Darf ich mich vorstellen: mein Name ist Jens Schneiderhahn, ich bin der Assistent des Oberbürgermeisters.“

K: „ Danke – sehr freundlich von Ihnen.“

Drahtzieher: „Darf ich fragen, was sie zu uns führt?“

K: „Ich ermittle im Mordfall des erschlagenen Obdachlosen.“

Drahtzieher: „Und da kommen sie ins Rathaus! Was hat denn unser OB damit zu tun?“

K: „Ich benötige nur eine Auskunft von ihm.“

Drahtzieher: „Eine Auskunft? Was soll unser OB denn über einen toten Stadtstreicher wissen?“

K verschmitzt: „Herr Schneiderhahn - schauen sie manchmal Krimis?“

Drahtzieher: „Wer tut das nicht ...“

K amüsiert: „Dann dürften sie wissen, daß Kommissare nicht über laufende Ermittlungen plaudern. Kommissarinnen übrigens auch nicht.“

Drahtzieher: beipflichtendes Lachen

 

Szene 9

OB: „Herr Schneiderhahn – bringen sie doch einen Kaffee für die Frau Neumann! - Ich habe ja gar nicht geahnt, daß unsere Polizei so charmante Kommissarinnen hat!“

K: „Ich bin noch nicht lange hier.“

OB: „Und jetzt leben sie in der zukünftigen grünen Kulturhauptstadt Europas – ist das etwa nichts?“

K: „Ich habe schon gesehen – sie bewegen einiges in der Stadt!“

OB: „Ja - da sind sie sicher schon über unsere schönen neuen Pflastersteine geschritten! Die reinste Wunder-Erfindung, damit werden wir unser Feinstaub-Problem in den Griff kriegen und dann steht unserer Ernennung nichts mehr im Wege. Geistburg hat alles, was eine Kulturhauptstadt ausmacht!“

K: „Ist das nicht teuer in Zeiten leerer Kassen?“

OB: „Tja, Frau Neumann, sie sagen ja selbst, der Hahn ist rührig – es ist mir geglückt, einen Sonderpreis auszuhandeln, unsere Zaubersteine kosten uns nicht mehr als ein ganz gewöhnliches Straßenpflaster! “

Drahtzieher: „Ihr Kaffee, Frau Kommissarin. - Herr Dr. Hahn.“ (Geräusch: stellt Kaffeetassen ab, Eingießen des Kaffees?)

OB: „Was verschafft mir denn die Freude ihres Besuchs, Frau Kommissarin?“

K: „Es geht um den Fall des ermordeten Obdachlosen!“

OB: „Ach herrje, diese schreckliche Geschichte! Und da kommen sie zu mir?“

K: „Haben sie ihn denn gekannt?“

OB: „Frau Kommissarin Neumann – jeder in dieser Stadt hat ihn gekannt. Er war ein ganz besonderer Mensch. Deshalb ist es ja so unbegreiflich, was da geschehen ist!“

K: „Herr Dr, Hahn, gibt es jemanden, der ihnen vielleicht schaden möchte?“

OB: „Frau Neumann – ich bin Entscheidungsträger. Auch wenn ich mehrheitlich gewählt wurde und meine politischen Ziele offengelegt habe – nicht jeder heißt meine Ideen willkommen, das wäre auch ungewöhnlich, wenn immer alle einer Meinung wären, das wäre dann bestimmt keine Demokratie.“

Klara: „Eine örtliche Journalistin gibt an, sie habe einen Hinweis erhalten, der „Eremit“ wisse etwas aus der Vergangenheit des OB. Er wurde kurz vor dem geplanten Interview-Termin ermordet.“

OB, verblüfft: „Aus meiner Vergangenheit?! … Also meine Doktorarbeit über ökologische Wirtschaftsweisen habe ich zu hundert Prozent selbst geschrieben!“

K: „Vielleicht eine enttäuschte Liebe?“

OB: „Tja, das würde die Recherche dann wohl sehr umfangreich machen – kleiner Scherz! Im Ernst – ich bin genauso klug wie sie, was das betrifft.“

Klara: „Es hieß auch, einige der Bewerber für das Neubauprojekt seien fragwürdig.“

OB: „Sie meinen das Luxushotel anstelle der Bauruine? Na, die wollen sich alle die Option auf das Objekt sichern, zu möglichst günstigen Konditionen, am besten vor allen anderen, das mögen sie wohl schon fragwürdig nennen! Aber vielleicht haben sie von meinem Slogan gehört: bei mir wird alles offengelegt! Klare Sachlage ist meine Devise!“

K: „Der Eremit sprach angeblich von einer Mafia ..“

OB: „Ach herrje, da hat der Alkohol wohl seine Fantasie zu sehr beflügelt!“

K: „Aber da er nun ermordet wurde ..“

OB, leicht besorgt: „Glauben sie das wirklich? In unserer Stadt?!“

K: „Ich glaube gar nichts. Ich ermittle nur. Also – wenn Ihnen noch etwas einfällt …“

OB: „Melde ich mich bei Ihnen - selbstverständlich!“

 

Szene 10

Nach dem Besuch im Rathaus:

K: verliest Text eines Tübinger Knöllchens.

Boris: „Deswege hon i an Streifewage welle.“

K: „Was – schon Viertel nach Vier? Herr Teufel, bestellen sie Frau Federle für morgen ins Kommissariat. Ich habe jetzt einen Termin mit meiner vielleicht zukünftigen Vermieterin.“

 

Szene 11

Federle: „Ist gut Herr Teufel, dann bis morgen im Kommissariat!“

Drahtzieher: „Frau Federle – wie schön, da sind sie ja. Der Herr Oberbürgermeister erwartet sie schon.“

Federle: „Ach es tut mir leid, ich bin in den Stau vor dem Tunnel geraten!“

Drahtzieher: „Jaja, das Problem kenne ich! Unser Bauarbeiten … Kommen sie, ich begleite sie nach oben. Darf ich ihnen ihren Mantel abnehmen?“

 

Szene 12

K: „Hm, hm, mhm, - ja, ich habe jetzt eine Wohnung hier! Ganz ohne Kehrwoche – eine Einliegerwohnung – Ja! - Premiumlage – am Hang. Ach Annika, der Blick hier ist einmalig – aber ich sag´ dir, diese Schwaben! Handygeräusch Oh – du, da kommt gerade eine Nachricht über mein Diensthandy -

 

Szene 13

Fluss plätschert, Blätter rascheln, Käuzchen schreit

K: Wo bleibt nur dieser Schwabe ...

Fluss plätschert, Blätter rascheln, Käuzchen schreit, verstohlene Schritte

K: Dunkel ist das hier, unter dieser Brücke …

Wutschrei, Kampfgeräusche, japanische Kampfrufe. Heftiges Atmen, Einschnappen der Handschellen.

Boris: „Frau Neumann!“

K: „Herr Teufel, wo waren sie?“

Boris: „Ha, de Karre isch it agsprunge!“

K: „Ah – ach – nicht angesprungen? Der Streifenwagen?“

Boris: „Wen hommer denn do?“

Flut von Schimpfwörtern etwa: „Nimm deine Griffel vo mir, du Allmachtsdackl!“

Boris: „Ah – der Herr Michel!“

 

Szene 14

Tütenknistern

K: „Was ist denn das?“

Boris: „Des isch a Budderbrätzl. Pause. Frau Neumann – das Laborergebnis isch do!“

Schnitt

Radiostimme : „Der mutmaßliche Mörder des stadtbekannten Obdachlosen Hans Mayer wurde gefasst. Es handelt sich um seinen langjährigen Konkurrenten ...“ verklingt

Schnitt

Boris: „Glückwunsch, Frau Kommissarin. Sie haben den Fall gelöst!“

K mahnend: „Wir haben den Mörder.“

Boris: „Hajo!“

 

Szene 15

Michel: „Übers Ohr ghaue hat man mich! Belogen und Betrogen! Übertölpelt!“

K: „Was wollten sie am Tatort, Herr Michel?“

Michel: „Bedroht hat ma mich, anonym, ich müsste da hinkomme, sonscht - „

K: „Sonst?“

Pause.

K: „Herr Michel, wir konnten ihre DNA-Spuren auf dem Stein nachweisen, mit dem Hans Mayer erschlagen wurde.“

M: „Der Soicher hot mei Teschtament gstohle!“

K: „Ihr Testament?“

M: „Mein Erbe! Von dr Grete, der Saubachl, der elende!“

Boris: „Die Erbtante.“

M: „In denne Stühl – Biedermeier. Und er hots vosteckt!!“

Boris: „Die Annegret Klumpp hat no im Krankehaus vom Hans Mayer ihre Möbel ausräume lasse.“

M. „Dia daub Schell, dia daub!“

K: „Herr Michel - woher wissen sie, daß Hans Mayer das Testament ihrer Erbtante versteckt hat?“

M: „Ha, von dem anonyme Schreibe!“

 

Szene 16

K: „Frau Federle, ich habe von ihnen gestern Abend eine SMS erhalten. Ich solle dringend zum Tatort kommen ...“

F: „Von mir? Gestern Abend? Mein Handy ist verschwunden!“




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