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Radio TuVilla

Januar 2011 offen


Beiträge & Artikel

Frauenfußball in Peru

In der fünften Ausgabe von TuVilla haben wir mit Gloria und Milagros vom Fußballclub Athletic Villa FC über das Thema Frauenfußball gesprochen. Dabei ging es auch um die Themen Gleichberechtigung, Machismus und Frauenfußball in den Medien.

Milagros spielt seit zwanzig Jahren Fußball. Angefangen hat sie als kleines Mädchen in der Schule und in der Nachbarschaft. Ihre Leidenschaft für den Fußball wurde immer größer und so begann sie nach ihrem Uniabschluss professionell Fußball zu spielen. Auch beruflich widmet sie sich ganz ihrer Leidenschaft, indem sie als Sportjournalistin arbeitet und sich besonders für die Anerkennung des Frauenfußballs in Peru einsetzt. 

Gloria spielt seit dreizehn Jahren Fußball. Sie erzählt davon, wie sie eines Morgens durch die Straßen Villa El Salvadors lief und eine Gruppe Mädchen Fußball spielen sah. Sie schloss sich ihnen an und spielt seitdem mit den Frauen, die zu engen Freundinnen geworden sind, Fußball. Als sich dann vor vier Jahren mit Athletic Villa FC der erste Frauenverein in Villa El Salvador gründete war sie sofort dabei und spielt seitdem im Verein. 

Fußball ist mehr als nur ein Sport für die beiden. Es ist eine Leidenschaft und ein Lebensstil, der ihren Alltag bestimmt. "Das Leben ist dafür da, um glücklich zu sein. Und Fußball macht mich glücklich", sagt Milagros und scherzt: "Ich frühstücke Fußball, ich esse Fußball zu Mittag und zu Abend", womit sie sagen will, dass sie der Fußball den ganzen Tag begleitet. 

Vor vier Jahren gründete Juan Abanto den Fußballverein "Athletic Villa FC - Fútbol para todas", also nach dem Motto "Fußball für alle". Milagros war bei der Entwicklung des Vereins dabei und spricht von einer tollen Erfahrung, den Frauen und Mädchen die Möglichkeit geben zu können gemeinsam zu trainieren. Gloria, die bereits seit Anfang an dabei ist, erzählt, dass zu Beginn nur wenige Frauen am Training teilgenommen haben. Heute gibt es Trainings für verschiedene Altersklassen, die jeweils sehr gut besucht sind. Bei den Frauen hat sich der Spielbetrieb inzwischen professionalisiert. Sie nehmen an dem Ligabetrieb teil und spielen in Lima auf einem ansehnlichen Niveau. 

Entwicklung des Frauenfußballs

Der Frauenfußball in Peru entwickelt sich in den letzten Jahren immer weiter. Er wird nun von FPF (Federación Peruana de Fútbol) und diversen Unternehmen unterstützt. "Die Männer müssen sich nun daran gewöhnen, dass auch Frauen in ihren Reihen stehen", sagt Milagros. "Der Frauenfußball beginnt zu wachsen." Das Ziel solle es jedoch sein, dass der Frauenfußball professionalisiert wird, so dass die Frauen damit auch etwas verdienen können, meint Gloria. 

In Deutschland hat sich der Frauenfußball in den letzten Jahrzehnten rasant entwickelt - gerade wenn man bedenkt, dass es den Frauen vor rund fünfzig Jahren noch offiziell verboten war, Fußball zu spielen. Heute verdienen sie - zumindest in der ersten Liga - Geld mit dem Sport und die Medien schenken dem Frauenfußball von Jahr zu Jahr immer mehr Aufmerksamkeit. Doch das war nicht immer so: lange Zeit mussten die Frauen gegen Vorurteile ("Fußball ist Männersache") kämpfen und noch heute sind nicht alle aus der Welt geschafft. Die Diskrimination im Frauenfußball ist ein internationales Problem. 

Machismus und Diskrimination

Im Sport und besonders im Fußball spielt das Thema Machismus und Diskrimination in Peru eine große Rolle. Heute vielleicht etwas weniger, als noch vor einigen Jahren, da es immer mehr Frauen gibt, die hinter dem stehen, was sie machen und sich von den Männern nichts mehr sagen lassen. Und dennoch ist es ein Problem, mit dem viele Frauen zu kämpfen haben. "Das Thema müssen wir Tag für Tag aufs Neue meistern", sagt Milagros. Gerade das Thema Machismus ist in Peru allgegenwärtig. Herablassende oder sexistische Kommentare bekommt man hier auf den Straßen als Frau öfter zu hören. "Das Allerwichtigste ist die Unterstützung der Familie und derjenigen, die dich antreiben mit dem Fußball weiterzumachen", sagt Gloria. Und auch Milagros findet: "Mach immer das, was dich glücklich macht - egal, was andere dazu sagen. Denn schlussendlich ist es dein Leben und du musst es leben. Welchen Sport du treibst geht niemanden etwas an. Wir müssen dieses Denken und diese Haltung im Hinblick auf uns Frauen weitertragen, damit es endlich Wurzeln schlägt." Es sei vor allem die Aufgabe der Autoritäten, etwas zu unternehmen, um das Thema Machismus in Peru zu mildern und bestenfalls zu beenden - und zwar nicht nur im Sport, sondern in allen Bereichen, findet Milagros. Aber jeder muss auch auf sich schauen; darauf schauen, wie erziehe ich meine Kinder? Denn genau dort gründet Diskrimination und Machismus: in der Erziehung und der Bildung der Kinder. An dieser Stelle kann man am meisten verändern.  

Gleichberechtigung im Fußball

Beim Thema Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau wird oftmals auf die Bezahlung geschaut. Und gerade im Fußball ist das ein gutes Beispiel für die Ungleichheit. Viele Frauen, die in der ersten Liga in Deutschland spielen, verdienen im Monat weniger, als ein Mann, der in der siebten Liga, der Landesliga spielt. Dzsenifer Marozsan gilt als die am besten bezahlte deutsche Spielerin. Sie spielt bei Olympic Lyon in Frankreich und verdient dort im Monat etwa 10000 Euro. Das ist immer noch gerade einmal ein Achtel dessen, was ein Mann in ihrer Spielklasse verdient. In Peru hingegen ist die Bezahlung im Frauenfußball noch kein Thema. Es gibt höchstens einzelne Spielerinnen, die bezahlte Verträge haben. Aber der Verein ist nicht dazu verpflichtet die Spielerinnen zu bezahlen, erzählt Milagros. "Es ist uns egal. Wir spielen Fußball, weil es unsere Leidenschaft ist und wir werden immer weiter spielen, egal ob wir dafür bezahlt werden oder nicht." Dennoch gehört zu einer echten Gleichberechtigung auch gleiche Bezahlung und so wird es auch das Ziel bleiben, dass die Frauen in Peru eines Tages von ihrer Leidenschaft leben können. 

Auch der Trainer von Athletic Villa FC, Milton Garcia, sieht, dass die Männer in Peru deutlich mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit erfahren, als die Frauen. Er jedoch findet, dass im Fußball alle gleichberechtigt sind, in dem Sinne, dass Frauen und Männer auf demselben Platz und nach denselben Regeln spielen und beide gleich hart trainieren. Sein Ziel ist es, nicht nur gute Spielerinnen aus seinen Mädels zu machen, sondern auch gute Persönlichkeiten zu formen, indem er Werte vermittelt, die einen im Leben weiterbringen. Der wichtigste Wert im Fußball ist seiner Meinung nach die Disziplin. "Manchmal bist du motiviert. Aber was bleibt dir, wenn du mal keine Motivation hast? Die Disziplin."

Frauenfußball in den Medien

Während in Deutschland seit einigen Jahren auch Fußballspiele der Frauen im Fernsehen übertragen werden und auch in den Zeitungen und anderen Medien immer mehr über das Thema berichtet wird, gibt es in Peru kein einziges Medium, das den Frauenfußball an die Öffentlichkeit trägt. Das Fernsehen, die Zeitungen und die Radios berichten ausschließlich vom Männersport. 

Milagros ist selber Sportjournalistin und hat sich als Ziel gesetzt dies zu ändern. Die sozialen Medien, die jeder nutzen kann, sind dabei ein Sprungbrett. Sie hat das Medienunternehmen "Mujeres Fútbol Club" gegründet, mit dem sie dem Frauenfußball eine Bühne geben will. Sie arbeitet mit der Presse zusammen und versucht den Frauen- und Mädchenfußball in den öffentlichen Medien Raum zu geben. In den sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder Youtube veröffentlicht sie bereits selber Videos und andere Beiträge, in denen sie Mädchen beim Training und bei Spielen begleitet und sie interviewt. Mit "Mujeres FC" möchte Milagros die Mädels ermutigen, motivieren und ihr Talent wertschätzen.   


Audio

Ein Kommentar zum Frauenfußball in Peru und Deutschland (deutsch)

Download (10,47 MB)
Kommentar_Frauenfusball.mp3


Kleine Umfrage zum Thema Gleichberechtigung (spanisch)

Download (5,47 MB)
Entrevista_Igualidad_de_derechos.mp3


Interview mit dem Trainer Milton Garcia (spanisch)

Download (6,6 MB)
Entrevista_Profe_Milton_Garcia_.mp3


Die fünfte Ausgabe von TuVilla

Download (33,63 MB)
TuVillaFuenfteEdici-n.mp3



Bilder





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