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Eine Stimme aus der Menge


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Eine Stimme aus der Menge: Brauchen wir eine Pronomendebatte?

In der zweiten Sendung von "Einer Stimme aus der Menge" am 17.11 ging es ums Leben als Teil von sexuellen Minderheiten in Deutschland und Finnland. Mit Larissa diskutierten wir über verschiedene Themen rund ums Queersein, wie unterschiedliche Umfelder, Gendern und Pronomen sowie Identität und Labeling. Dabei schilderten wir auch eigene Erfahrungen und spielten zwischendurch einige von unseren queeren Lieblingsliedern.

Häufig wird die LGBT+ -Gemeinschaft in eine Schublade gesteckt, aber so unkompliziert ist es nicht. Die Erfahrungen von queeren Menschen sind anders je nach ihrem persönlichen Umfeld, da es auf den familiären Hintergrund und sogar auf die regionalen Unterschiede ankommt. Besonders auf dem Land ist die Stimmung immer noch repressiver, nicht zuletzt wegen konservativ religiöser Ansichten, und es gibt weniger unterstützende Angebote als in der Stadt. Dabei ist z.B die positive Behandlung der LGBT+ -Themen im Schulunterricht wichtig. Auch diverse mediale Repräsentation spielt eine große Rolle bei der Selbstakzeptanz, da man sich selbst wiedererkennen und positive Vorbilder finden kann.

Ein aktueller Diskussionspunkt in der Gesellschaft sind die Pronomen und das Gendern. Die deutsche Sprache ist sehr gegendert mit genau zwei Pronomen und mit verschiedenen Formen für viele auf Menschen bezogene Wörter, wie Freund – Freundin. Dies unterstreicht die binäre Vorstellung der Gesellschaft und macht davon abweichende Personen unsichtbar. Wo passen denn nicht-binäre Menschen rein, wie werden sie genannt? Dabei sind weitere Formen und Pronomen eine Lösungsalternative, die Einigung auf genau einen neutralen Begriff eine weitere. Zum Beispiel in der finnischen Sprache gibt es nur ein Pronomen für alle und wenige geschlechtsspezifischen Wörter, sodass es keine Pronomendebatte geben muss. Es geht um kulturelle Hintergründe, aber die Kultur und die Sprache verändern sich ständig.

Sowohl in Deutschland und in Finnland hat sich außerdem die Lage der sexuellen Minderheiten in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Noch vor sechzig Jahren war Homosexualität illegal, und jetzt ist sogar die gleichgeschlechtliche Ehe in beiden Ländern eingeführt worden. Wenn Menschen früher wegen falschen Gerüchten Angst vor queeren Leuten hatten, wächst die junge Generation in einer Welt auf, wo Queersein nicht mehr so ein großes Thema sein muss. Allerdings ist die Situation noch nicht perfekt: z.B in Finnland gibt noch ein konservatives Transsexuellengesetz, das nach Sterilisierung nach der geschlechtsangleichenden Operation fordert, was gegen die Menschenrechte stoßt. In Deutschland wurden die Zwangsoperationen von intergeschlechtlichen Babys erst letztes Jahr verboten. Die Situation ist auch je nach Land und Kultur unterschiedlich. In der Antike oder im alten China waren gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen erlaubt, dagegen in Iran wird die Transgeschlechtlichkeit im Vergleich besser anerkannt als Homosexualität.

Auch die Vielfalt von Identitäten und Sexualitäten geht über die kulturellen Grenzen hinaus. Unsere Definitionen und Labels sind nur europäische Begriffe. Einerseits ist es erleichternd, einen Begriff für sich selbst zu finden, andererseits könnte man sich auch einfach als Mensch definieren. Muss es unbedingt eine klar gezeichnete Grenze zwischen Heterosexualität und LGBT+ geben? Seid einfach euch selbst!

 

Playlist:

 

AURORA: Queendom

Jo Ellen Pellman & Ariana DeBose / The Prom: Dance with you

Dodie: She

James Corden / The Prom: Simply love

 

Sometimes you need to go far to see what’s near. “Eine Stimme aus der Menge” beinhaltet Diskussionen über Kulturen und Menschenleben aus ethnologischer Perspektive, Nachsinnen über Kultur und Unterhaltung, Grübeln über gesellschaftliche Themen und tiefere Überlegungen über die Kompliziertheit und Einzigartigkeit des Lebens.


Audio

Die Sendung zum Nachhören

Download (64,27 MB)
Eine_Stimme_aus_der_Menge_17112021.mp3




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