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IMI-Kongress 2018 :: Rüstungsprojekte im IT-Bereich und bei der Polizei
Christoph Marischka, Mitglied im Vorstand der IMI, referierte zum Thema „High-Tech-Rüstung“ und der damit einhergehenden Militarisierung der Forschung.
Während der Gesamtetat des Verteidigungsministeriums von 2018 auf 2019 um gut elf Prozent steige, sollten die Ausgaben für Wehrforschung um 44% anwachsen. Auch der Koalitionsvertrag verdeutliche das Ziel, rechtliche und ethische Barrieren in der Forschungsförderung einzureißen, um gerade bei sog. „disruptiven Technologien“ die „Innovationsführerschaft“ auszubauen.
Dahinter stehe auch die Ideologie der sog. „Revolution of Military Affairs“, die darauf ziele, militärisch nutzbare Technologien voranzutreiben und möglichst rasch zur Anwendung zu bringen, um die numerische Unterlegenheit gegenüber potentiellen Feinden auszugleichen. Während über Jahrzehnte die USA als unangefochtener Vorreiter auf diesem Gebiet galten, werde heute von einem globalen Wettbewerb ausgegangen, an dem sich nun auch Deutschland intensiv beteiligen wolle.
Technologiebereiche, die in diesem Kontext als zentral angesehen würden, seien neben etwa der Robotik und der Miniaturisierung die Luft- und Raumfahrt, die Sensorik und die sog. Künstliche Intelligenz, die zugleich im Rahmen ziviler wie auch militärischer Forschungsprogramme vorangetrieben würden, wie Marischka an Beispielen verdeutlichte.
Typisch sei dabei eine politisch vorangetriebene, thematische und räumliche Verdichtung von Wissenschaft, Politik und (Rüstungs-)Industrie in sog. „Forschungscampi“. Ein solcher entstehe aktuell etwa auf dem Gelände der ehemaligen Luftfahrtforschungsanstalt München bei Ottobrunn und auch das sog. Cyber Valley zur Entwicklung Künstlicher Intelligenz in Tübingen könne als solcher Forschungscampus verstanden werden.
Zum Thema „Rüstungsgüter für die Polizei“ war Martin Kirsch als Referent eingeladen. Zu Beginn stellte er heraus: „Im Gegensatz zu den USA, wo eine Militarisierung der Polizei durch die Weitergabe von ausgemusterten Waffen der Armee stattfindet, handelt es sich in Deutschland tatsächlich um einen polizeilichen Rüstungsmarkt.“
Zu einem regelrechten Boom auf diesem Markt sei es seit den Anschlägen in Paris Anfang 2015 und der darauf folgenden Terrorhysterie gekommen. Allein zwischen 2015 und 2017 wurden von den Länderpolizeien für neue Waffen und Schutzausrüstung rund 230 Millionen Euro ausgegeben. „Die von Polizeibehörden neu beschafften Rüstungsgüter fallen zumeist dadurch auf, dass sie von der Industrie für Bundeswehreinsätze wie in Afghanistan entwickelt wurden“ so Kirsch.
Nach einer Vorankündigung des Innenministeriums sei u.a. davon auszugehen, dass im nächsten Jahr rund 70 neue Panzerwagen für die deutschen Polizeibehörden geordert werden. Diese seien als Ersatz für veraltete Fahrzeuge aus den 1980er Jahren vorgesehen. Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen sollten die Neubeschaffungen auch gegen Minen und Sprengfallen sowie Feuerwaffen mit größerem Kaliber geschützt sein. Hinzu komme die Option, eine ferngesteuerte Waffenstation mit Maschinengewehr und Überwachungstechnik auf dem Dach zu installieren.
Auch bei der bevorstehenden Beschaffung von Panzerfahrzeugen durch das Innenministerium werde sich konsequent an den Erfahrungen der Bundeswehr im Afghanistaneinsatz orientiert. Wie die Debatte um
ein neues Leitbild der Polizei NRW zeige, scheint „das Wort als wesentliches taktisches Einsatzmittel“ wie es in den 1980er Jahren formuliert wurde, an Bedeutung zu verlieren. Vielmehr sollten PolizistInnen – so der aktuelle Vorschlag – „durchsetzungsfähig und -stark und damit letztlich gewaltfähig, aber nicht gewaltaffin werden“. Das Selbstbild der Polizei verschiebe sich damit parallel zur materiellen Aufrüstung hin zu einem kriegerischen Ideal.
Audio
High-Tech-Rüstung und militarisierte Forschung
Panel_2_Vortrag_1_Christoph_Marischka.mp3
Rüstungsgüter für die Polizei
Panel_2_Vortrag_2_Martin_Kirsch.mp3