Enrico, Alice, Rupert und Michelle im Interview über das Sommertheater und mit einem Ausblick auf die kommende Spielsaison

Zu Gast beim Interview im Lokalmagazin waren am Montag Morgen Mitarbeiter_innen des Reutlinger Theaters: Die Tonne, einem mittelgroßen Stadttheater mit über 50 jähriger Geschichte. Seit fünf Jahren ist das Theater in einem neuem Gebäude untergebracht, das sogar über eine Klimaanlage verfügt. Seinen Namen verdankt das Theater dem Gründerort: einem Tonnengewölbe.

 

Die Tonne bietet inklusives Theaterspiel an. Das heißt, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung schauspielen zusammen. Vor 15 -17 Jahren begann hier die künstlerische Ausbildung für Menschen mit Behinderung. Unter anderem in Kooperation mit der Bruderhausdiakonie erhalten Menschen mit Handicap Schauspielunterricht und Sprecherziehung jeden Dienstag und Donnerstag.

 

Der Schauspieler Rupert findet es großartig und kann mit seinen Erfahrungen aus dem Bereich Sonderpädagogik gut mit allen Herausforderungen auf der Bühne umgehen. Für ihn ist das inklusive Theater eine Bereicherung.

 

In der Sommerspielzeit wird im Rahmen des Sommertheaters "Romulus der Große" von Friedrich Dürrenmatt zu sehen sein. Das Sommertheater gibt es schon lange. Es findet regulär im Reutlinger Spitalhof statt, wo 200 Zuschauer_innen Platz haben. Das Bühnenbild für das Stück wurde in zwei Versionen angefertigt - Open Air: für die Gut-Wetter Variante und Indoor: für eine Schlecht-Wetter Situation. Das Bühnenbild erlaubt es auch, einem Ensemblemitglied im Rollstuhl mitzuwirken.

Das Stück von Dürrenmatt ist 75 Jahre alt und hat an Aktualität nicht verloren. Die zweistündige Aufführung wird von einem inklusiven Ensemble sowie zwei Mitgliedern aus dem Jugendprojekt gespielt. In der Bearbeitung ist das Stück zu einer Komödie gereift, über die im sonnenbeschienenen Innenhof gelacht werden darf. Die Geschichte beschreibt den Untergang Westroms um etwa 476 als der letzte weströmische Kaiser herrschte. Dieser machtmüde Kaiser weigert sich Rom gegen angreifende Germanen zu verteidigen und kümmert sich lieber um seine Hühnerzucht. Sein Hofstaat ist empört. Romulus zeigt sich in der hiesigen Inszenierung tyrannisch, skurril, schräg und gleichzeitig witzig. Das Stück spart nicht mit Bonmots. Es handle sich um eine mutige Inszenierung, bei der keine Rolle mit Samthandschuhen angefasst werde. Der Chor komme oft zu Wort, es entstehe Situationskomik. Die Spielfreude der Schauspieler_innen sei zu sehen und viele kleine Gesten transportierten die Geschichte. Musikalisch untermalt wird das Stück mit Musik von Michael Schneider. Bisherige Kritiken seien positiv ausgefallen.

 

Stücke werden im Theater "Die Tonne" mit den Darsteller_innen gemeinsam bearbeitet. Wichtig ist der Dramaturgin Alice, dass es allen Spaß macht und es zu einer gemeinsamen Entscheidungsfindung kommt. Es geht darum, aktuelle Bezüge herzustellen. Zeitlose Klassiker sollen so zu einer guten Fassung reifen, mit Weisheiten und Wahrheiten, die die Zuschauer_innen verstehen können.

 

Im Rahmen eines Jugendprojektes arbeitet Alice mit Jugendlichen aus Reutlingen. Das Jugendforum wird aus Jugendlichen gebildet, die unter anderem von der Jugendhilfe und der migrantischen Selbstorganisation Dialog eV. gezielt angesprochen wurden. Im Projekt werden die jungen Schauspieler_innen von fünf Personen angelernt. Derzeit erhalten 20 Jugendliche von Michael Schneider (Musik), Katja Büchtemann (Choreografie), Kerstin Risse (u.a. Videoproduktionen) und Alice sowie Jana Riedel (Spielleitung) Unterricht. Die Gruppe trifft sich einmal in der Woche. Mit ihrem Stück bespielen sie die dritte Produktion der Spielzeit und werden dafür auch von der Schule befreit. Mit verschiedenen Herangehensweisen wollen die Theatermacher_innen die Jugendlichen zu einem künstlerischen Ausdruck ermächtigen, indem sie diese beispielsweise ihre Lieder und Texte selbst schreiben lassen.

 

Dass Jugendliche sich Raum nehmen, begeistert Alice. Aktuell beschäftigt die  jungen Schauspieler_innen das Stück „Morph“, mit dem sie zum Bundestreffen der Theaterjugendclubs an Theatern in diesem September eingeladen wurden. Währenddessen wird schon für das nächste Stück „Terminal Zwei“ geprobt.

 

Alice choreografiert ebenfalls das Stück „Nina Simone“, ein Tanztheater, das inklusiv besetzt ist und auf dem Tanztheaterfestival auftreten wird.

 

Außerdem richtet Die Tonne das Monologfestival mit 7 Stücken in Zehn Tagen aus. In Kooperation mit der Württembergischen Philharmonie entstehen ebenfalls Stücke mit Synergieeffekten, die Dinge haben entstehen lassen, erwähnt Intendant Enrico.

 

Zum Schluss ein kleiner Einblick in die kommende Spielzeit:

 

Das Sommertheater ist bis Ende Juli zu sehen, simultan auch das Kinder- und Jungendstück: "Die Wanze". Im September beginnt die neue Spielzeit: mit Wiederaufnahmen wie „Champions“, einem inklusiven Stück mit Tanz und Gesang, "Loveletters", "Der Gott des Gemetzels" und "Hierbleiben... Spuren von Grafeneck". Neu ist und nur vage beschrieben wird folgendes Stück: es ginge um antike Seefahrten und Monster gespielt von einer gemischten, inklusiven Crew mit Tanz. Im Keller der Tonne ist "Marie und Gordon" zu sehen sowie das Stück des Jugendprojekts „Terminal Zwei“, dass die Bühne in einen Flughafen verwandelt. Auch wird es ein Stück zu einer Rock´n Roll- Legende geben sowie eine Inszenierung zum Thema Alkohol mit Rauschzuständen und Bewusstseinserweiterungen bis zum Totalausfall. Ein weiteres Kinder- und Jugendstück wird sich um einen Science-Fiction Klassiker drehen. Geplant sind auch ein Stück von Martin McDonagh und die Theaterbeachparty "Ins Blaue" im Reutlinger Freibad. Das Sommertheater 2024 hält folgendes parat: ein französisches Stück aus dem 18. Jh.

 

 

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