Veronika Spannaus, Sigrun Günther-Lang, Anja Plesch-Krubner und Corinna Fellner berichten im Interview von der Initiative „G9 jetzt!“.

Im Jahr 2004 wurde die Gymnasialzeit in Baden-Württemberg von 9 auf 8 Jahre verkürzt, die Geburtsstunde des sogenannten G8-Abiturs. Das Ziel des G8-Abiturs ist es, Schüler_innen möglichst früh und qualifiziert in den Arbeitsmarkt einzugliedern oder an die Universität zu bringen. Das bedeutet für die Schüler_innen, aber auch für Lehrer_innen und Eltern eine höhere Belastung, da ein ganzes Jahr weniger Zeit ist, um denselben Stoff zu lernen. Inzwischen sind außer Baden-Württemberg alle anderen Bundesländer wieder vom G8-Hype abgekommen und so bieten viele Schulen zum Beispiel die Wahl zwischen G8 und G9. Die Initiative „G9 jetzt“ möchte genau das auch für Baden-Württemberg.

Sigrun ist inzwischen pensionierte Lehrerin und erzählt uns im Interview, dass sich die Stimmung an den Schulen durch die Einführung von G8 verändert hat. Sie sagt es gehe nur noch ums Lernen, der Ausgleich, zum Beispiel durch einen Sport- oder Musikverein, fehle den Schüler_innen. Veronika stimmt zu, sie hat einen Sohn in der 8. Klasse und kann bestätigen, dass nach der Schulzeit keine Zeit mehr zur individuellen Entfaltung der Jugendlichen bleibt.

Das Ziel von G8 sei ohnehin verfehlt worden: Oft gehen Abiturient_innen nach ihrem Abschluss gar nicht direkt zur Uni oder beginnen eine Ausbildung, sondern machen noch ein FSJ oder einen Auslandsaufenthalt, um dem Schulstress zumindest für eine Weile zu entkommen. Der Stress sei sogar noch während der Schulzeit erkennbar: Immer mehr Schüler_innen leiden unter psychischen Problemen, wie z.B. Panik-Attacken. Vergleichsstudien wie PISA oder VERA zeigen, dass auch die Leistung an den G8-Gymnasien verglichen mit den G9-Gymnasien nicht mithalten kann.

Enttäuscht von der Landespolitik, die eisern am G8 festhält, gründeten die Initiatorinnen Anja und Corinna dann vor sechs Jahren die Initiative „G9 jetzt“, um sich für die Schüler einzusetzen. Ihr Ziel ist es, einen Volksantrag an die Landesregierung zu stellen. Wenn dieser Antrag binnen eines Jahres ca. 39.000 Unterschriften sammelt, ist die Landesregierung dazu verpflichtet über den Antrag zu reden und diesen auch abzustimmen.
Auch wenn sie noch einige Unterschriften benötigen, haben sie inzwischen schonmal geschafft, dass in der Politik über das Thema geredet wird. Außerdem wurde ein sogenanntes Bürgerforum eingerichtet. Das ist laut den Mitgliedern der Initiative allerdings kein sinnvolles Organ, da das Forum vor allem eine Austauschplattform ist. Es wirke eher wie eine Verzögerungstechnik, da bereits alle Fakten und Argumente auf dem Tisch liegen.

Nun ist die Initiative auf jeden Einzelnen angewiesen. Durch ein starkes Netz von Ansprechpartnern werden aktiv Unterschriften gesammelt. Veronika ist für den Raum Tübingen, Reutlingen und Mössingen zuständig und nimmt dort gerne eure ausgefüllten Formulare entgegen. Informiert euch unter www.g9-jetzt.de und gebt Schülern wieder ein bisschen mehr Selbstbestimmung.

Download (61,57 MB)
Interview_G9_Initiative.mp3