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Musical Academy Tübingen :: The Prom

Die gesellschaftliche Lage für die Heterosexuellen und für die LGBT+-Menschen ist ja längst gleichberechtigt... oder doch nicht? Das Stück The Prom von der Musical Academy Tübingen behandelt Gleichberechtigung und das Einsetzen für sich selbst und für die anderen auf der typischen, spektakulären Art der Musicals.

Am Freitagabend, 13. Mai, sitzen wieder 200-250 Zuschauer*innen in der Dußlinger Kulturhalle, um sich die Uraufführung von The Prom anzuschauen. Nach der langen Corona-Pause darf nämlich die seit 2012 existierende Musical Academy Tübingen endlich wieder ein Stück aufführen. Trotz ihres Namens ist MAT ein Verein, der einmal im Jahr ein Musical produziert.

The Prom, Der Abschlussball, ist ein erfolgreiches Broadway-Stück, das 2020 auch verfilmt wurde. Mit ca. 50 Menschen in der Produktion, darunter 24 Schauspieler*innen, wurde das Stück auch während der Pandemie in Präsenz geprobt, manchmal mit Masken und Abstand. Die Schauspieler*innen Konrad und Annik lobten die Stimmung und Team-Arbeit des Ensembles. Bei der MAT kann jeder durch einen jährlichen Casting-Prozess mitmachen.

The Prom handelt von Toleranz, Selbstlosigkeit und vom sich-selbst-sein. Dee-Dee Allen und Barry Glickman sind zwei berühmte Schauspieler*innen, deren letzte Produktion aber vor allem durch ihren Egoismus ruiniert wurde. Um ihren Ruhm zu retten, möchten sie zusammen mit zwei anderen Schauspieler*innen, Angie Dickinson und Trent Oliver, durch Wohltätigkeit das Publikum von ihrer Selbstlosigkeit überzeugen.

Und dann fällt ihr Blick auf eine Nachricht aus Indiana. In einer Schule wurde der Abschlussball von der Lehrer-Eltern-Versammlung abgesagt, da ein Mädchen, Emma, ihre Freundin, Alyssa, als Tanzpartnerin nehmen wollte. Die Schauspielergruppe fährt direkt nach Indiana, um Emma, ihren Abschlussball und ihre eigenen Karrieren zu retten. Dort lernen sie jedoch auch sich selbst viel besser kennen...

Laut den Schauspieler*innen wird ein Stück selten eins-zu-eins ähnlich übernommen, und sie wollten ihre Rollen selber interpretieren. Aber wenn man as Stück trotzdem mit dem Film vergleicht, wird einem deutlich, wie MAT erfolgreich einen ähnlichen Spektakel geschafft hat. Die Tanzszenen und die Lieder waren so gut geplant und aufgeführt, dass man im Moment alles andere vergessen konnte. Die Musik und Choreografie, die Kostüme und das Bühnenbild sowie die situationsbezogenen Witze wurden auch von den Interviewten besonders gelobt. Am Ende stand das ganze Publikum auf zum jubelnden Klatschen, und es fühlte sich fast an wie auf Broadway. 

Dazu waren mehrere Lieder entweder spektakulär, witzig oder berührend. Dee-dees Show hat zum Lachen gerührt, und Emmas und Alyssas Duett über Zusammentanzen Tränen gebracht. Manchmal waren die Mikrofone der Schauspieler*innen leider ein bisschen zu leise, dass man sie teilweise nicht so gut gehört hat. Von den Figuren her neigt die Geschichte auch manchmal zur Parodie. Vor allem Dee-dee und Barry waren eher karikaturistisch, aber sorgten für Humor. Emma war sehr sympathisch und authentisch unsicher in ihrer neuen ungewollten Position als LGBT+ -Aktivistin. Man konnte sich gut in sie hineinversetzen. Der Emma unterstützende Schulleiter war außerdem sehr lieb. Ein weiterer Handlungsstrang war seine entwickelnde Beziehung mit Dee-Dee.

Die LGBT+ -Repräsentation in der Geschichte ist erstmals gut gelungen und wichtig. Nicht zuletzt weil The Prom auf wahren Begebenheiten basiert: in den USA sind mehrere Proms wegen queeren Schüler*innen abgesagt worden. Auch viele LGBT+ -Jugendliche, wie Emma und Barry, sind von ihren Eltern rausgeshmissen worden. Sehr wichtig ist, dass Emma am Ende ihre eigene Stimme bekommt und auf ihre eigene Weise kämpfen darf. Wie alle anderen Musicals ist The Prom außerdem nicht immer realitätsnah.

Zum Beispiel Emmas Klassenkameraden werden schnell durch ein Lied überzeugt, dass sie die Bibel nicht wählerisch interpretieren sollten. Allerdings zeigt das Theaterstück authentischer als der Film, wie sich einige Menschen leider nicht so schnell verändern. Und geht es in Fiktion unbedingt um Realität? Zum Beispiel Emmas Schulleiter schaut gerne zauberhafte Musicals, um aus seinem langweiligen Alltag rauszukommen.

Interessanterweise fand das Publikum die LGBT+ - Situation im Vergleich zwischen den USA und Deutschland unterschiedlich: laut Kathi sind die Amerikaner*innen viel weiter mit der queeren Repräsentation in den Medien, laut Romy ist die Gesellschaft in Deutschand offener als in Indiana. Kathi wünscht sich außerdem, dass das Stück auch die ältereren Generationen mitreißen wird.

Zu viel Aufrufe nach Toleranz kann es selten geben. Vielleicht verbreitet das Stück auch mehr Offenheit im Publikum und zeigt, wie Emma nur wie alle anderen mit ihrer Freundin tanzen wollte.

The Prom wurde nach seiner Uraufführung noch am gleichen Wochenende zweimal gespielt und wird außerdem noch am Donnerstag 19.5, Freitag 20.5 und Samstag 21.5 um 19 Uhr aufgeführt.


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