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Frauenrechtlerin, Moscheegründerin, Imamin :: Seyran Ates
Seyran Ates ist 1963 in Istanbul geboren und zunächst in einem Slum aufgewachsen. Im Alter von sechs Jahren kam sie mit einem Zug nach Berlin. Wegen der strengen Erwartungen, die mit ihrem Geschlecht verbunden waren, rannte sie kurz vor ihrem 18. Geburtstag von zuhause weg und begann Jura zu studieren. Über die Erwartungen in ihrem familiären Kreis verglichen zu ihrem sozialen Kreis meinte sie: „Ich hatte das Gefühl ich hätte zwei Gesichter und lebe in zwei Welten. In meiner türkisch-kurdischen Familie hatte ich das Gefühl in einem anderen Zeitalter zu leben als das was ich in der Schule erlebte. Und so war das lange Zeit als Teenager eine Zerreißprobe sowie Zerrissenheit.“
Um ihr Studium finanzieren zu können arbeite sie in einem Treff und Informationsort für türkische und kurdische Migrantinnen. Hier wurde sie von einem Mann einer Klientin lebensgefährlich angeschossen. Dieser war Mitglied in einer nationalistisch, faschistischen türkischen Organisation und wurde wegen Mangel an Beweisen wieder freigelassen. „Man kann sich vorstellen, dass ich teilweise durch die Hölle gegangen bin, aber irgendwas in mir gab mir Kraft und Stärke. Als ich 15 war und beschlossen habe Jura zu studieren, hat es mir Kraft gegeben, für die eigenen Freiheit und ein selbstbestimmtes Leben einzustehen. Nachdem ich angeschossen wurde, war es dann die Wut, die meinte: Jetzt erst Recht! […] Niemand sollte mich davon abbringen, das zu tun was ich wirklich will, mein eigenes Leben zu leben.“
Auch heute erhält sie noch Morddrohungen und muss unter ständigem Polizeischutz leben. 2009 zog sie sich deswegen aus dem öffentlichen Leben zurück und gab auch ihre Lizenz als Anwältin auf. Da sie jedoch sah, dass viele Frauen ihre Hilfe brauchten öffnete sie 2012 ihre Kanzlei wieder.
„Wenn mich wochenlang,monatelang niemand anrufen würde, dass sie meine Arbeit oder meine Hilfe benötigen, dann würde ich die Arbeit nicht mehr machen, aber ich erlebe nahezu täglich, dass Menschen unsere Hilfe brauchen, es gibt Frauen die mich spätabends oder nachts anrufen und nach Hilfe fragen und das gibt mir tatsächlich viel Kraft.“
So gründete Seyran Ates die Ibm Rush Goethe Moschee, in der keine Geschlechtertrennung oder Ausgrenzung aufgrund von sexueller Orientierung stattfindet. Sie erzählt von der Gründungsphase der Moschee, ihrer Ausbildung zur Imamin und was sie sich für nachkommenden Generationen wünscht. „Mein Standardsatz zu all den nachkommenden Generationen in der Moschee ist: Ich mache Scheunen und Tore auf, aber durchlaufen müsst ihr selbst.
Seyran Ates wünscht sich für die Zukunft dass mehr liberale Moscheen gegründet werden.“Mein Wunsch wäre es, dass in jeder Hauptstadt Europas, liberale Moscheen existieren, 2017 habe ich das gesagt, 2019 wurde die erste liberale Moschee in Paris gegründet zu der 2020 eine weitere dazugekommen ist.“
Zum Schluss wurde über potentielle Ängste geredet, was passieren würde, wenn sich die Weltreligionen nicht öffnen, zeitgemäßer und toleranter werden. "So wie in der katholischen Kirche das Thema sexueller Missbrauch gerade dazu führt, dass viele Menschen austreten, so ist es im Islam der Terror. Das bringt viele jungen Menschen dazu sich von der Religion abzuwenden. Deshalb glaube ich daran tatsächlich, wenn die drei Weltreligionen nicht anfangen, sich zeitgemäß, tolerant, demokratisch und säkular aufzustellen, dann werden diese Religionen ihre Tage gezählt haben."
Abschließend meinte Frau Ates: „Viele Menschen die aus islamischen Ländern hierherflüchten, wollen in die Demokratie und in die Freiheit nicht erneut von irgendwelchen Islamisten in ein Korsett von Regeln gesteckt werden, das ist ein ganz blinder Fleck von Linken, Grünen und Liberalen und da gehört es dazu, dass wir in allen Religionen offener miteinander reden. Es ist am Ende immer das Patriarchat, gegen das wir aufbegehren müssen."
Audio
Seyran_Ates_Interview_-MP3.mp3
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