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EKW-Studierende berichten :: Beobachten kann man lernen

Die Bachelor-Studierende Linda Kreuzer und der 2004 fertig gebackene Absolvent Markus Baumgart sind beziehungsweise waren beide in der Fachschaft aktiv. Sie berichten uns anlässlich des 50jährigen Jubiläums aus der Studierenden-Perspektive über ihre Disziplin.

Die „EKW-Brille“ setzt man früh auf und setzt man nicht mehr so schnell wieder ab. Die beiden EKW-ler haben ein paar Wechsel gebraucht, bis sie den Studiengang überhaupt erst entdeckten, sind seit dem jedoch sehr zufrieden. Das Fach, das sich der Untersuchung der Alltagskultur widmet, fängt einen an zu begleiten: Wer trägt welche Markenkleidung? Laufen Menschen, die sich Platten kaufen, auch offensichtlich mit ihnen aus dem Geschäft heraus? Welche Gruppen bestellen welche Drinks in der Bar? Zugehörigkeit und Identität ist für die meisten Menschen, wenn vielleicht auch unbewusst, ein großes Thema. Dieses aufgrund von Kommunikationsverhalten, Kleidung und Freizeitgestaltung zu analysieren ist eines der vielen Themen der Empirischen Kulturwissenschaft. Die Empirie liege in der Beobachtung. Sie arbeiten nicht quantitativ anhand von Statistiken wie zum Beispiel Soziologen, sondern qualitativ mit „Feldforschungen“. Linda erzählt uns von einer Exkursion: Mit ihrem Kurs zusammen fuhr sie nach Frankfurt um dort das Verhalten der Menschen auf dem Weihnachtsmarkt zu beobachten. Generell sei der Studiengang sehr praxisnah. Was das „Empirische“ ausmache – für viele EKW-Erstis erstmal ein Fragezeichen – sei zum Beispiel, dass mit jedem Kurs ein Ausflug „ins Feld“ verbunden sei.

 

Besonders ist auch, dass die Projekte ganz nach eigenen Interessen gestaltet werden können. Markus hatte damals seinen Schwerpunkt auf Subkulturen in der Böblinger und Stuttgarter Musikszene gelegt. Jahre später hat er das Institut noch einmal von der Dozierenden-Seite aus kennengelernt. Er beobachtet, dass das Universiätssystem – selbst bei den besonders offenen und leicht exzentrischen – verschulter geworden ist. Den heutigen Druck zur Regelstudienzeit konnte er umgehen und Tutorien zu den methodischen Vorlesungen machte den theoretischen Anteil des Studiums damals zugänglicher. Auch seien die Studierenden heute wesentlich gestresster. Bei seinen zwei Lehraufträgen erlebte er sogar einige Burnout-Fälle. Nach langjähriger Arbeit in der Verlagsarbeit mit Schwerpunkt auf Kunstbüchern und einem kürzen Abschnitt in einem Architekturbüro hat er sich nun wieder der Sozialpädagogik – seinem ersten Studiengang – gewidmet. Und auch hier begleitet ihn die EKW-Brille stärker, als es auf den ersten Blick scheint. Als Schulbegleiter betreut er Kinder mit Autismus – und gutes Beobachten sei dabei enorm wichtig. Das Studium gebe einem viele soziale Kompetenzen mit, die sich in den verschiedensten Berufen auszahlen. Linda hingegen ist fasziniert von Museen – ein klassisches Feld für EKW-ler. Zunächst hatte sie vor, ihr Pflichtpraktikum im musealem Bereich zu machen, nun hat sie sich umentschieden: Ihr Weg führt erst mal zum Radio, denn auch von Medien, Journalismus und Politik ist man als Kulturwissenschaftler*in nicht weit weg. Zwar geht es in ihrer Disziplin eher um das Kleine, aber darin liegt ja allzu oft auch das Große. Sie merkt, dass das Studium sie offener gemacht. Tabuisierte Themen fangen an sich zu normalisieren, auch Sexualität ist ein Beispiel für Alltagskultur.

 

Was beide verbindet, ist die Fachschaftsarbeit. Damals wie heute geht es dabei um die interne Kommunikation und um die Organisation verschiedenster Feierlichkeiten. Neben der Freude an Instituts-, Schloss-, und Clubhausfesten nehmen oder nahmen sie auch am Institutsrat und an den Studitreffs der DGV Teil. Durch Corona hat die Präsenz der Fachschaft etwas abgenommen. Zwar betreut Linda aktuell den Instagram-Kanal, hofft aber, dass sie im kommendem Winter-Semester wieder richtige Ersti-Veranstaltungen organisieren können. Markus erzählte, dass die Pandemie auch schon auf akademischer Ebene in der EKW-Welt angekommen sei. Es laufen bereits Studien und es werden noch viele dazu kommen: Denn wie Corona vielleicht auch die kleinsten Dinge in unserem Alltag verändert hat, können EKW-ler sicher gut beobachten.


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