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"An diesem einen Tag" :: 8 Blickwinkel zu 4 Ereignissen

Die Crowdfunding-Kampagne des Films „An diesem einen Tag“ läuft nach Pandemie-bedingter Pause erneut an. Im Film werden acht Blickwinkel zu den Ereignissen um Tschernobyl, den Mauerfall, 9/11 und der Corona-Pandemie dargestellt. In welcher Art haben die Ereignisse das Leben der Menschen geprägt? Und lässt sich doch aus der Geschichte lernen?

Dieses Jahr ist der 20.Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center in New York. Zu diesem Tag soll das Filmprojekt „An diesem einen Tag“ in Kinos laufen. Zuvor muss noch Einiges geschafft werden, vor allem finanziell aufwendige letzte Schritte, weswegen die Crowdfunding-Kampagne zur Unterstützung des Projektes läuft. Caroline Rosenau und Nico Gerspacher thematisieren über die jeweiligen Ereignisse auch eine Meta-Ebene. Alle dieser Ereignisse führten zu den gleichen Themen: Klima und Umwelt, Globalisierung, das wirtschaftliche System, der Umgang mit Medien. Diese Ebene über beziehungsweise unter den Ereignissen ist für Nico Gerspacher die eigentlich spannende. Auch die Rolle der Medien würde ohne direkte Nachfrage von den verschiedenen Befragten immer wieder thematisiert werden. Mediale Bilder zu Ereignissen haben sich teilweise in die Köpfe eingebrannt, teilweise entstehe eine Kluft zwischen wahrgenommener Information und dem eigenen Privatleben. Fragen, die dabei aufkommen sind: Wie konsumieren wir Medien? Wie kommen Medien-Darstellungen zustande? Wie weit darf die Presse gehen und „was muss die Welt wirklich gesehen haben und was auch nicht?“ Wo ist Sensation und wo ist Nachricht? Besonders das „Gladbeck Drama“ habe die Medienlandschaft in dieser Hinsicht dauerhaft verändert.

Im Unterschied zu anderen Dokumentationen verzichtet der Film auf die Meinung von Expert*innen. Für Caroline Rosenau erzeugen diese einen Abstand zu Zuschauenden, der auch störend sein kann. „Das Besondere ist eigentlich im Normalen“, meint die Zuständige für Regie, Schnitt, Farbkorrektur und Produktion im Projekt. Nico Gerspacher fungiert dabei als Koproduzent und Creative Producer. Im 16-köpfigen Team, das für eine Doku relativ klein ist, übernehmen alle mehrere Felder. Kurz vor Corona begann das Projekt.

Im Film kommen Menschen verschiedener Generationen aus dem „Mikrokosmos“ der Produzentin zu Wort: ihr 81-jähriger Vater, Menschen aus dem Tübinger Stadtleben wie beispielsweise dem Boulanger, jemand aus einer Image-Film Produktion für krebskranke Kinder, Kolleg*innen, Bekannte und Freund*innen. Als verbindendes Element ist auch sie selbst im Film zu sehen. Als erstes wird im Film die aktuelle Corona-Pandemie behandelt, die restlichen Ereignisse tasten sich von der Vergangenheit in die Gegenwart vor. Bezüglich Corona interessiert auch, ob die jetzige Situation den Blick auf vergangene Ereignisse verändert hat. Eine erste Meldung zu Corona sei um den 31. Dezember 2019 in Nachrichten wahrnehmbar gewesen, was ‚diesen einen Tag‘ darstellt. Von dem Tag an weiß man allerdings nicht, wie lange die Situation anhalten wird und welche Auswirkungen sie hat. Die Ungewissheit nach dem „einen Tag“ dauert bei all den Ereignissen länger. Die Auswirkungen ziehen sich über Jahre und Jahrzehnte – beispielsweise strengere Kontrollen an Flughäfen seit den Anschlägen vom 11. September.

Schwierig für das independent Film-Projekt war es teilweise, an die Lizenzen von historischem Material zu kommen, manchmal lief es aber auch überraschend gut wie bei einem Werk von Loriot zu Atomkraft. Die günstigste Lizenz in Deutschland sei ab 1500 Euro aufwärts für jede angefangene Sendeminute. Kosten entstünden außerdem unter anderem durch Technik, Archivmaterial und die Klärung von Rechten – nach drei Jahren Projektlaufszeit kommt da viel zusammen „und da reden wir noch nicht einmal von den Arbeitszeiten“. Teilweise wurde fehlendes Material durch Animationen ersetzt, in einigen Fällen stellte sich eine Animation auch als die bessere Lösung dar. Außerdem gäbe sie dem Film eine „Corporate Identity“ und somit habe die Überwindung der Schwierigkeiten den Film bereichert.

Die Corona-Pandemie habe den Film einerseits thematisch bereichert, andererseits auch großer Herausforderungen geschaffen. „Budgets sind einfach nicht mehr da“, so der Eindruck der Produzentin. Außerdem sind die Dreharbeiten teilweise erschwert worden, beispielsweise die Aufnahmen, die mit offenem Fenster gedreht werden mussten. Hier konnten störende Geräusche allerdings durch einen technischen Trick reduziert werden.

Caroline Rosenau selbst erinnert sich an Tschernobyl als Kind. Ihre Mutter kam zum Spielplatz in Hirschau und meinte, sie müsse unbedingt nach Hause und dürfte nicht mehr raus. Am 11. September arbeitete sie an einem Vordiploms-Film, am Tag des Mauerfalls hat sie mitgefiebert – unter anderem, weil ihr Vater aus dem Osten kommt. Am Tag der Corona-Meldung hat sie ein Interview bei der ‚Wüsten Welle‘ gegeben. Nico Gerspacher war beim Fall der Mauer und Tschernobyl zu jung, an 9/11 kann er sich dunkel erinnern: Ein Schulkollege hatte am nächsten Tag Geburtstag und es stand in Frage, ob er angesichts des Unglücks feiern könne. Corona erlebt er vor allem aus der Sicht eines Schaffenden in der Film-Branche wie auch aus der seines Freundeskreises aus dem Theater. Im kreativen Bereich herrsche vor allem große Unsicherheit.

Der Film soll dadurch, dass die großen Ereignisse im Kleinen beleuchtet werden, auch die Wichtigkeit und Veränderungsmöglichkeit jeder einzelnen Person deutlich machen.


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