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Gert Ueding: Herbarium :: Ein Blick hinter die Fassaden der Uni Tübingen
Der Kriminalroman ist der Gesellschaftsroman unserer Zeit, meint der Autor Gert Ueding. Es ist seiner Ansicht nach kein Zufall, dass die Kriminalgeschichten in Literatur und Fernsehen immer mehr zunehmen. In seinem Krimi „Herbarium – Giftgrün“ geht es um eine gesellschaftliche Struktur, die in Tübingen nur allzu präsent ist: An der Eberhard-Karls-Universität.
Seine Hauptfigur Max Kersting ermittelt im Unimilieu. In seinem Buch wird im Brechtbau der Uni Tübingen eine tote Studentin aufgefunden. Mord oder Unfall – das bleibt zuerst im Ungewissen. Auch die ermittelnde Polizei hätte es lieber als Unfall zu den Akten gelegt. Doch dem jungen Maler Kersting wird ein rätselhafter Zettel zugespielt – und er beginnt zu ermitteln. Dabei gerät er in einen Sumpf aus Korruption und Habgier, in dem auch gemordet wird.
Ueding kennt die Universität und ihre Hintergründe genau: Er war selbst Professor am Institut für Rhetorik in Tübingen. Regionale Krimis hätten den Vorteil für den Autor, dass er sich in der Stadt für gewöhnlich gut auskennt. Uedings Roman spielt allerdings neben Tübingen auch in Bremen, Frankfurt und Konstanz.
Die Berufswahl ist kein Zufall. Kersting ist Hobbydetektiv und ähnlich wie ein Maler würde auch ein Detektiv aus einer leeren Fläche Konturen herausarbeiten, diese werden immer genauer, bis sich zuletzt ein Bild ergibt – oder eben ein Sachverhalt aus einer Mordermittlung.
Dabei lässt es Ueding nicht an Kritik an der Universität und dem Unisystem mangeln. „Die Verschulung der Uni ist eine Katastrophe!“ erklärt er im Interview. Die Bolognareform, also die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudium war mit großen Hoffnungen verbunden, wie bessere internationale Vernetzung. „Diese ganze Hoffnung auf Internationalisierung ist in sich zusammengebrochen.“ In sechs Semestern Bachelorstudium und vier Semestern Master bleibt keine Zeit fürs Ausland. Zeit bleibt auch nicht für Kurse, die lediglich aus Interesse belegt werden. Studierende studieren nach Leistungspunkten und belegen, was Leistungspunkte einbringt.
Auch an der Geisteswissenschaft äußerst er Kritik. Die hat sich schon vor Jahren aus der öffentlichen Debatte zurückgezogen, Bücher werden nicht mehr für ein breites Publikum geschrieben. Die ganze Uni, auch die Geisteswissenschaften schotten sich nach außen ab, zum Beispiel durch die Fachsprache, die außerhalb der Uni keiner versteht. Die Geisteswissenschaften werden zusätzlich an den Rand gedrängt. Aber mit manchen Fragen kann sich nur diese Denkrichtung auseinandersetzen – und deshalb ist sie wichtig.
Gut weg kommen hingegen die Medien. Ja, auch diese sind im Roman nicht immer an den Ermittlungen und der Falllösung interessiert, sondern sitzen auch dem einen oder anderen unseriösen Informanten auf – aber im großen und Ganzen werden sie positiv dargestellt, meint auch der Autor selbst. Immerhin wird Kersting auch durch Bekannte und Freunde bei der Presse unterstützt. Allgemein ist Ueding wichtig, festzustellen, dass für freie Medien gekämpft werden muss.
Korruption an der Uni, das spricht Ueding in seinem Roman an, zum Beispiel mit dem Thema Fake Verlage. Junge Wissenschaftler*innen müssen publizieren und das wird ausgenutzt. Eigens gegründete Fachjournale verlangen oft horrende Summen für Publikationen, dargestellt wird es als notwendige Investition. Für die Zeitschriften werden namhafte Wissenschaftler*innen als Aushängeschilder angeworben. Diese verstehen meist nicht einmal, was das eigentliche Konzept der Verlage ist. Am Ende hat von der Veröffentlichung nur einer etwas: Der Verlag. Aber niemals der Autor.
Skandale und Strukturen hat der Autor nicht nur aus Tübingen. Die stammen zum Teil auch von anderen Unis und wurden für die Handlung ins Schwabenland verlegt. Ueding möchte hinter die Kulissen der Uni blicken. Nach außen sieht man Diskussionen in Seminaren und Vorlesungen in Hörsälen. Doch dahinter steht eine weitaus größerer Struktur. Und das tut auch Kersting mit seiner Malerei: Er überlegt, was denn hinter den Mauern der berühmten Tübinger-Postkarten-Neckarfront passiert ist.
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