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Olfaktoria :: "Die Geruchsfabrik, in der ganz viel entsteht"

Im Online-Interview spricht die Regisseurin des Audio-Walks 'Olfaktoria - Ein Audiowalk zu Durchatmen' Hannah Zufall über ihr Interesse und ihre Leidenschaft für den vernachlässigten Geruchssinn.

Hannah Zufall ist die Regisseurin des Audio-Walks 'Olfaktoria', das beim Zimmertheater Tübingen läuft. Täglich von 10 Uhr bis 18:30 Uhr können sich Menschen mithilfe eines Smartphones in einer knappen Stunde durch die Tübinger Altstadt führen lassen. Im Online-Interview erklärt Hannah Zufall ihre schon langjährige Leidenschaft und ihr Interesse für den Riech-Kolben, der gesellschaftlich als Thema eher vernachlässigt wird. Mit dem Audio-Walk will sie "die Nase ein bisschen öffnen" lehren - denn das Riechen ließe sich trainieren.  Fragen, mit der sich die Regisseurin und Autorin auseinandergesetzt hat, sind: "Wie funktionieren wir als riechende Wesen?", "Wie sehr beeinflusst uns der Geruch der Dinge oder der anderer Lebewesen?" sowie "Wie wird unsere Erinnerung dadurch gesteuert, unsere Emotionalität?"

Der erste Zugang war für Hannah Zufall ein biologischer Exkurs über die Funktionen von Nase und olfaktorischem Zentrum im Gehirn. Dabei interssierte vor allem der Vergleich von Menschen mit anderen tierischen Lebewesen.  Menschen hätten entgegen einem weit verbreiteten Verständnis durchaus keine schlechten Nasen und hätten in Sachen Unterscheidung verschiedener Gerüche große Kapazitäten. Wir kommunizieren mit der Welt über das Riechen, der Geschmack verlaufe vor allem über die Nase und Menschen glichen ihr genetisches Profil durch den Geruch ab, um passende Paarungs-Partner*innen ausfindig zu machen, die wir "gut riechen können". So kommt die in Berlin lebende Künstlerin zu der kulturellen Frage: "Warum beschäftigen wir uns so wenig eigentlich mit Gerüchen?" Eine Antwort, die sie fand, ist, dass In vergangenen Jahrhunderten Gerüche als dreckig, unschön und sogar gefährlich galten.

Im Audio-Walk geht es dabei um das Zusammenspiel von verschiedenen Sinnen. Eine junge Frau, deren Geruchssinn auf unrealistische Weise gut ausgeprägt ist, dient als Protagonistin des Stücks: "so gut wie sie riecht vielleicht ein Hund oder ein Lachs." Durch die Übertreibung ihres Geruchssinnes wird  in 'Olfaktoria' das Zwiespältige des olfaktorischen Sinnes deutlich. Einerseits ist der exzellente Geruchssinn der jungen Frau im Hör-Spaziergang eine Art "Supermacht", andererseits aber auch eine Schwäche, da die Gerüche sie immer wieder überfordern.

Sprachlich arbeitet das Audio-Stück an der Grenze des Ausdrucks, da zumindest die deutsche Sprache im Geruchsbereich kaum "reine Riechworte" besitze. So wird die Welt der Gerüche eher sprachlich umkreist, was auch einen besonderen Reiz ausmacht, denn: "Dinge, die wir nicht beschreiben können, haben eine gewisse Macht". Die meiste Wirkung sei aber durch das "Kopfkino" gegeben - dieser Imaginationsspielraum sei allein deshalb wichtig  gewesen miteinzuberechnen, da Gerüche an denselben Orten immer wieder anders seien.

In der Kunst des Riechens gibt es viel Interessantes zu entdecken und gängige Bewertungen dürfen dabei 'links liegen' gelassen werden: "Müll allgemein gibt es ja gar nicht. Es sind einzelne Dinge, die riechen." Ein besonders wichtiges Motiv war allerdings "einen schönen Spaziergang kreieren" zu wollen, bei dem sich - wie die Untersüberschrift des Walks andeutet - durchatmen lässt.


Audio

Olfaktoria komplett

Download (73,83 MB)
OLFAKTORIA_lange-Interview.mp3


Olfaktoria Kurzversion

Download (16,81 MB)
OLFAKTORIA_Kurz-Interview_-.mp3





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