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tifs :: "Fakt ist doch, dass wir uns mit jedem Sprachgebrauch positionieren"

Barbara Stauber und Gerrit Kaschuba vom Tübinger Institut für gender- und diversitätsbewusste Sozialforschung und Praxis (tifs) e.V. sprechen im Interview über ihre Arbeit und wie das Thema geschlechter-gerechte Sprache darin hineinwirkt. Allgemein geht es dem Institut um Bildung und Empowerment.

Das 'tifs' besteht aus Expert*innen von innerhalb und außerhalb der Universität und hat neben wissenschaftlichen Untersuchungen zu Gender, Diversität und Intersektionalität auch das Ziel, "verändernd auf Praxis einzuwirken". Dabei geht es zum Beispiel um die Arbeit in der Jugendhilfe. 1994 wurde das 'tifs' in Tübingen als Freies Institut gegründet, um unabhängigere Forschung betreiben zu können. Dies bedeutet auch, dass die Finanzierung ausschließlich über Fördermittel funktioniert. Beide Forscherinnen weisen auf die Rolle von sozialen Bewegungen bei ihrem eigenen Bildungsprozess hin. Bei der Gründung des Instituts habe es zudem auch internationale Unterstützung gegeben.

Organisiert werden auch Tagungen vom Institut, so soll 2021 'solidarische Debattenkultur in feministischen Politiken' diskutiert werden - das Format der diesjährigen Tagung hängt allerdings vom Pandemiegeschehen ab. Gerrit Kaschuba betont dabei, dass es mehrere Feminismen gibt, die unter Einfluss von Generation, Flucht- und Migrationsgeschichte entstanden sind. Außerdem finden in der Regel mindestens zweimal im Jahr 'Salons' statt, in denen auch ein sensibler, achtsamer Sprachgebrauch geübt werden kann.

Neben dem Faktor von Sprache gehe es auch darum, Inhalte und Methoden auf Gender-Sensibilität zu prüfen. Bei geschlechter-gerechter Sprache gehe es neben der Sichtbarkeit aller Menschen auch um stereotype Darstellungen und um die Verwendung von Selbstbezeichnungen bei Personen. Es gehe nicht darum, eine "Sprachpolizei" zu etablieren, sondern einem unbewussten Benutzen von Begriffen entgegenzuwirken. Jede*r habe vermutlich schon die Erfahrung gemacht, dass Sprache auch verletzen kann. Daher lohne es sich zu reflektieren, wer mit welchem Begriff wie 'markiert' wird.

Eine Abwehr gegenüber der Beschäftigung mit diversitäts-bewusser Sprache könne an einer Weigerung liegen, Machtverhältnisse sehen und auch ändern zu wollen. Auch Bequemlichkeit könne allerdings schon ein Grund sein. Dabei verändere sich Sprache stetg. Allein in der Pandemiezeit seien schon laufend neue Wortkreationen entstanden. Keine starre Regel, sondern Kreativität in der Handhabung von Sprache und die Lust, damit zu experimentieren sei geboten. Studien würden zudem die Wirkung vom Ansprechen der Geschlechter beispielsweise in Berufsbezeichnungen belegen. Sprache habe auch mit Arbeitsteilung und Stereotypen zu tun: beispielsweise würde bei Frauen häufiger mit Hilfe von 'seins'-Wörtern geredet (Bsp. "Sie ist schön."), bei Männern würden öfter 'tun'-Worte verwendet.

Neben Sprache behandelt das 'tifs' allerdings auch Themen wie Arbeit: Wie wird Teilzeit-Arbeit anerkannt, die vor allem von Frauen* ausgeführt wird? Wie könnte dem Fakt begegnet werden, dass diese sich durch Teilzeitarbeit in der Regel nicht eigenständig finanzieren können? Die Pandemiezeit zeige, dass im Thema Arbeit mehr Flexibilität möglich sei.


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