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Buchvorstellung :: Mit der Schwalbe zur Datsche - Ein DDR-Wörterbuch

Der Fall der Mauer am 9. November 1989, gab den Startschuss für ein neues und einiges Deutschland. Die DDR war Vergangenheit und mit ihr verschwanden auch Komplexannahmestellen, Subbotniks und das „Abkindern“. Diese und viele andere Begriffe aus dem „verschwundenen Land“, vereint Antje Baumann in ihrem Buch „Mit der Schwalbe zur Datsche – Ein DDR-Wörterbuch“.

Die Sprache in der DDR war dieselbe deutsche Sprache wie anderswo auch. Trotzdem unterschieden sich die Lebensverhältnisse in der DDR oft sehr von denen in der BRD. Diese Unterschiede zeigen sich auch in der Sprache. Das kleine Wörterbuch "Mit der Schwalbe zur Datsche" ist keines wie alle anderen seiner Art, sondern will die DDR-Wirklichkeit hinter den Begriffen hervorholen.

Manche Wörter gab es nur im Osten, durch Verhältnisse, die es eben nur dort gab. Manche Wörter haben unterschiedliche Bedeutungen, je nachdem ob sie im Osten oder Westen gebraucht werden. Die Teilung Deutschlands war wie ein sprachwissenschaftliches Experiment: in zwei deutschen Staaten, mit verschiedenen Staatsformen und Machtverhältnissen, entwickelten sich neben unterschiedlichen Arbeits- und Lebensbedingungen auch verschiedene Bedingungen der Kommunikation. Auch jetzt noch lassen sich diese sprachlichen Spuren erkennen.

Die Autorin Antje Baumann nennt als Erkennungsmerkmal den Schibboleth-Effekt: Anhand der Aussprache eines Wortes, erkennt man das Gegenüber beispielsweise als ostdeutsch oder westdeutsch. Schibboleth heißt eigentlich „Getreideähre“ und galt im Alten Testament als eine Art Codewort, um Fremde auszumachen. Die „falsche“ Aussprache konnte einen zu dieser Zeit das Leben kosten. Solche Codes gibt es heute noch. Und im Gegensatz zu damals sind diese Codes nicht mehr lebenswichtig, aber können einem dennoch Vorteile bringen, wenn man beide beherrscht. Die Soziolinguistik erklärt das so: Meist eignet sich die kleinere oder unprivilegiertere Gruppe beide Varianten eines Wortes an. So kann man ganz einfach unter dem Radar fliegen, will man nicht als Ostdeutsche*r erkannt werden.

Durch das Buch von Antje Baumann ist mir bewusst geworden, dass es nicht um die Einzigartigkeit der Wörter selbst geht, sondern um die Beziehungen zwischen Menschen, die diese Wörter genutzt haben und immer noch nutzen. Antje Baumann steckt das Ziel ihres Buches ganz genau fest:

Es soll durch Perspektivwechsel Verständnis erzeugen, für die unterschiedlichen Leben in Ost und West. Das Buch liefert Antworten auf Fragen, warum sich Ex-DDR Bürger*innen und auch folgende Genrationen immer noch als anders wahrnehmen, warum sie als anders wahrgenommen werden, und ob sie vielleicht gar nicht immer so wie alle anderen sein wollen. Sie fasst das meiner Meinung nach sehr passend zusammen: "Der Vergleich mit dem Leben der anderen kann helfen, das eigene zu verstehen. Dann würden Unterschiede nicht mehr als störend, sondern im besten Fall als bereichernd empfunden und vielleicht sogar nutzbar gemacht werden."

Über 70 Wörter finden in dem kleinen Wörterbuch Platz, die nach dem Alphabet geordent sind. Antje Baumann schafft es meiner Meinug nach, trotz fehlender Eindrücke wie Klang, Ton oder Gerüche, die ein Buch selbst nicht liefern kann, die Worte erlebbar zu schildern. Das Buch gibt Denkanstöße und öffent die Türchen zur Geschichte und Bedeutung hinter den DDR Begriffen.


Audio

Datsche

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Datsche_Abmischung.mp3


Genosse

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Intelligenz

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Jugendweihe

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Jugendweihe_Abmischung.mp3


Kindertag

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Pionier

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ZVLager

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Der Radiobeitrag zum Nachhören

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DDR_Woerterbuch_Abmischung.mp3





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