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Nobbe Walter :: Pilzsachverständiger

Nobbe Walter ist seit seinem sechsten Lebensjahr begeisterter Pilzsammler. Bereits mit 6 Jahren ging er das erste Mal allein im Schönbuch auf Pilzsuche und wurde mit zwei Körben voller Speisepilze belohnt. Nicht ein Fehlgriff hatte sich unter seine Ausbeute geschlichen. Dieses Talent hat Nobbe früh erkannt und sich zu Nutze gemacht, heute ist er Pilzsachverständiger.

112 verschiedene Pilzsorten gehören Nobbe Walters Sammlerrepertoire an. Allesamt zeichnen sich durch einen unterschiedlichen Geschmack aus und haben verschiedene Zubereitungsweisen. Hierbei betont Nobbe Walter, dass Pilze nicht roh verzehrt werden sollten. Das gelte auch für Zuchtpilze, wie beispielsweise Champions. Durch das Anbraten der Pilze würden eventuelle Eier des Fuchsbandwurms abgetötet, zudem enthielten die meisten Pilze schlechtabbaubare Eiweiße und Zellstrukturen, die der menschliche Körper nur schwer verdauen könne.

Der Pfifferling sei beispielsweise besonders schwer verdaulich und verlasse den Magen-Darm-Trakt völlig unverdaut. Darum sollten diese bei der Zubereitung immer so klein wie möglich geschnitten werden. Viele Pilze seien wertvolle Eiweißlieferanten.  Der Fichtensteinpilz ist mit 5,5% beispielsweise ein sehr guter Eiweiß-Träger. Besonders lecker seien panierte Steinpilze, verrät Nobbe, der über seine pilztechnische Expertise hinaus auch kreative Kochkünste beweist. So setzt sich seine persönliche Pilzpanade aus 50% Paniermehl und aus jeweils 1/3 gemahlenen Haselnüssen, Mandeln und Kokossplittern zusammen. Anschließend wird der panierte Pilz bei mittlerer Hitze langsam in Butter ausgebacken, bis er die goldbraune Färbung des Schnitzels aufweist.

Jedoch sollte trotz der kulinarischen Genießbarkeit vieler Pilze nicht außer Acht gelassen werden, dass einige giftige Exemplare ein erhebliches Gesundheitsrisiko bergen. Leider kommen Pilzunfälle noch zu häufig vor, merkt der Pilzspezialist an. Deswegen solle man nie einen Pilz mitnehmen, den man nicht kenne. In Mitteleuropa gebe es 18 tödlich giftige Pilzarten.

Zu den giftigsten Pilzsorten Deutschlands zählt der Knollenblätterpilz. Er enthält das Herzgift Amanitin, welches eine besonders organschädigende Wirkung zur Folge hat und Herzrhythmusstörungen hervorruft. Bereits der Verzehr von geringen Mengen kann zum qualvollen Tod führen. Der Fliegenpilz sei, hingegen aller Märchen, zwar Magen-Darm-giftig, jedoch nicht tödlich. Doch auch Speisepilze, wie der Steinpilz, können bei einem übermäßigen Konsum über einen längeren Zeitraum einen tödlichen Krankheitsverlauf entstehen lassen.

Die umfangreichen Fachkenntnisse ermöglichen Nobbe die Arbeit als Pilzsachverständiger. Wenn aufgrund eines akuten „Pilzunfalls“ ein Menschenleben bedroht ist, wird Nobbe ins Krankenhaus gerufen, um die ÄrztInnen bei der Ursachenermittlung der Pilzvergiftung zu unterstützen. Vergiftungserscheinungen seien sehr unterschiedlich. In jedem Falle sollte das Erbrechen der vergifteten Person bis zum Eintreten des Sachverständigers vermieden werden. Leiden Betroffene bereits seit 24 Stunden an der Vergiftung, ist das Gift bereits in die Kapillare vorgedrungen und Hilfe ist aussichtslos. Wird die Vergiftung frühzeitig erkannt können, mit der Hilfe des Pilzsachverständigers lebensrettende Gegengifte verabreicht werden.

Pilze gehören weder zur Gattung der Pflanzen noch zur Gattung der Tiere. Sie verkörpern eine eigene Gattung, die bereits seit dem Anbeginn der Zeit existiere und überlebenswichtig für uns sei. Da Pilze und Bäume häufig in Symbiose leben, gebe es ohne Pilze keinen Wald und umgekehrt. Die Pilze schützen die Bäume außerdem vor Schädlingsbefall und liefern ihm wichtige Nährstoffe.

Das in Deutschland geltende Bundesnaturschutzgesetz zielt darauf ab, Pilze zu schützen, indem es SammlerInnen lediglich ein Kilogramm Pilze pro Tag zugesteht. Nobbe erklärt, solche Maßnahmen seien nicht zielführend, da PilzsammlerInnen die Sporen der Pilze, die für ihre Verbreitung maßgeblich sind, im Wald verteilen. So habe die Universität Basel bewiesen, dass SammlerInnen den Pilzanteil sogar vermehren, nicht aber zerstören. Im Gegensatz dazu, würden Maschinen und andere Fahrzeuge im Wald Pilzgeflechte zerstören, da der Boden komprimiert und somit zerstört werde. Ziel solle es somit sein, die Pilze zunehmend zu schützen, da davon auch der Schutz des Waldes abhängt.


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