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Die Räuber (Reutlinger Tonne) :: Rezension
"Die Räuber" ist das erste Drama von Friedrich Schiller, erstmals veröffentlicht im Jahr 1781. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich das Buch in der Schule gelesen habe. Beziehungsweise "hätte lesen sollen", ich bin nämlich noch nie ein Fan davon gewesen, Theaterstücke als Buch zu lesen. Auch wenn Schiller die Räuber anscheinend als Lesedrama konzipiert hatte. Da habe ich mich umso mehr darüber gefreut, dass seit dem 16. Juli die Tonne in Reutlingen das Stück auch auf die Bühne bringt.
Zuerst eine kleine Zusammenfassung: Es handelt von den beiden Brüdern Franz und Karl, die Söhne des alten Moor. Franz ist der Jüngere von Beiden, und war schon immer neidisch auf seinen Bruder. Karl war der Liebling ihres Vaters, und hat das hübsche Mädchen, namentlich Amalia, abbekommen. Seit einiger Zeit hat sich Karl mit einer Bande an Dieben und Mördern, den namensgebenden Räubern, im Wald niedergelassen und richtet allerlei Unheil an. Franz nimmt das als Grund dafür, seinen Vater gegen Karl au fzuspielen, in der Hoffnung, ihn aus dem Erbe streichen zu können und später selbst der Graf von Moor werden zu können.
Als nächstes wird Karl vorgestellt. Er sitzt mit seiner Räuberbande in ihrem Versteck und man lernt seinen Charakter über Erzählungen von vergangenen Raubzügen kennen. Karl scheint im Inneren ein Gutmensch zu sein, seine Taten sprechen aber weniger für ihn. Er hat geklaut, gemordet und gebranntschatzt, weil er sich nicht zuhause fühlt in der Welt, in welche er geboren wurde. Er möchte sein Leben auf seine eigene Weise führen, und um sich gegen das System der großen Stadt zu wehren, begeht er unzählige Gräueltaten.
Zurück zu Franz. Jetzt kommt auch Amalia ins Bild, und wir erfahren, dass sie Karl immer noch liebt und ihn vermisst. Franz liebt aber auch Amalia, und möchte sie als seine Gemahlin. Amalia ist von dieser Idee weniger begeistert. Und damit ist die Dreiecksdynamik für das restliche Stück etabliert.
Von da an spitzen sich die Geschehnisse immer weiter zu. Karl tötet mit Brandstiftung dutzende unschuldige Zivilisten. Franz bringt seinen Vater dazu, Karl zu verbannen, und lässt ihn danach glauben, Karl sei gestorben, sodass der alte Moor an seiner Trauer und seinen Schuldgefühlen verendet. Damit wird Franz zum Grafen von Moor.
Karl besucht in Verkleidung das Grab seines Vaters. Dort trifft er auf Amalia, merkt, dass sie ihn immer noch liebt. Er steht im Zwiespalt,will seine große Liebe zurück, kann aber den Mann nicht verleugnen, zu welchem er geworden ist. Währenddessen wird Franz das Gewicht seiner Taten klar, der Mord am eigenen Vater, wir erfahren nämlich, dass der alte Moor noch am Leben war, als man ihn in den Sarg legte, und Franz den Deckel zudrückte und ihn lebendig begraben ließ. Er versinkt im Wahnsinn und als die Räuber das Schloss in Brand stecken, bittet er einen Bediensteten darum, mit einer Kugel sein Leben zu beenden.
Karl hat die lange ersehnte Konfrontation mit Amalia. Als er ihr aber seine vielen Taten beichtet, ist sie erschrocken, dass sie ein solches Monster jemals lieben konnte. Sie bittet ihn, sie zu erschießen, er weigert sich aber. Sie trennen sich, und Karl geht mit einem traurigen Lied auf den Lippen zurück zu seinen Räubern.
Was ist das Thema dieses Stücks? Das offensichtliche wäre Rache. Dieses Konzept wird in "Die Räuber" aber ein wenig auf den Kopf gestellt. Für gewöhnlich soll man mit den Rächern Sympathie empfinden, sodass ihr Racheakt irgendwie gerechtfertigt wird. Diese Erwartung wird in Schillers Werk aber clever verdreht. Beide Hauptfiguren waren mir gänzlich unsympathisch. Auf der einen Seite hat man Franz, einen psychopatischen Narzisten, welcher nicht damit klar kommt, nicht von allen geliebt zu werden, und durch seine Position als reicher Adeliger meint er, er könne sich einfach nehmen, was er möchte. Dabei geht er gerne über Leichen und tötet seine eigene Familie.
Karl auf der anderen Seite ist das perfekte Gegenstück, aber das macht ihn nicht weniger zu einem schlechten Menschen. Er begeht unzählige Straftaten, und als sein Vater ihn verstößt, (Oh was ein Wunder!), reagiert er damit, unzählige Männer, Frauen und Kinder in einem großen Brand verenden zu lassen? Die einzige hier, mit der man tatsächlich Mitgefühl haben kann, ist Amalia, welche zwischen den beiden Fronten gefangen ist, mit Psychopathen auf beiden Seiten. Aber nur, weil ich nichts als Hass für die Hauptcharaktere empfinden kann, wird das Stück dadurch nicht schlecht. Im Gegenteil habe ich das Gefühl, dass Schiller das Stück genau so vorgesehen hatte. Man bekommt einen kurzen Einblick in die Köpfe leidender Menschen, welchen in ihren Augen Unrecht angetan wurde, und sie reagieren mit den vollkommen falschen Taten darauf. Eine Tragödie durch und durch, wo es ganz unten anfängt, und die Charaktere nur immer tiefer fallen.
Reden wir noch kurz darüber, wie die reutlinger Tonne das Stück umgesetzt hat. Das Bühnenbild ist sehr simpel gehalten, mit einzelnen Blöcken mit zwei verschiedenen Musterungen, auf der linken Seite das Schloss und auf der rechten Seite der Wald. Das Bild ändert sich stetig, die Blöcke werden verschoben und umgekippt und so entsteht konstant eine neue Dynamik auf der Bühne, Charaktere werden voneinander abgeblockt oder zu einander hin getrieben. Man kann natürlich auch gut auf den Blöcken herumklettern, und so entsteht auch eine vertikale Dynamik, womit zum Beispiel Hierarchien dargestellt werden. Dem Zuseher werden also ganz subtil die Beziehungen im Drama vorgeführt. Das Schauspiel ist großartig und die Rollen wurden den Schauspielern so gut zugeteilt, dass man vor allem bei Karl und Franz glauben könnte, Schiller habe das Stück extra für diese Darsteller geschrieben. Wer Interesse hat, kann noch bis zum 9. August selbst in der Tonne vorbeigehen und sich das Stück anschauen, es lauft immer Mittwochs bis Sonntags. Ich würde aber auf Nummer sicher gehen und die Tickets vorbestellen. Ein paar Vorstellungen sind nämlich schon ausverkauft.
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