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Hand aufs Herz :: Redensarten rund um den Körper

Wir stellen altbekannte Redewendungen dar und lesen die dazugehörigen Ursprünge aus dem Buch von Rolf-Bernhard Essig "Hand aufs Herz"

 Es ist verblüffend, wie oft man im Deutschen eine Situation oder einen Mitmenschen mit einem Körperteil vergleicht. Sei es das Tanzen auf dem Riechorgan, ein paar rote Früchte, welche einem die Sicht versperren, ein hunderte Kilo schweres wildes Tier auf den Rücken befestigt bekommen oder summende Insekten im Gesäß haben. Die deutsche Sprache hat dutzende und aberdutzende Redensarten und Sprichwörter, welche sich alle auf den menschlichen Körper beziehen.

In seinem Buch "Hand aufs Herz" hat der Autor Rolf-Bernhard Essig alle möglichen körperlichen Redensarten zusammengetragen und ihre Bedeutung und den Ursprung erklärt. Manche sind ziemlich selbsterklärend, teilweise ist es aber sehr interessant, welches obskure Gedicht aus dem Mittelalter oder welche heute vollkommen unbedeutende historische Figur die Sprache geprägt hat, die wir heute verwenden.

Mit dem Rücken zur Wand stehen kommt aus dem Fechten. Steht man mit dem Rücken zur Wand, hat man kaum Möglichkeit zum Ausweichen, und ist in einer beinahe aussichtslosen Lage.

Das passt wie Arsch auf Eimer ist recht selbsterklärend. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hat man Eimer als eine Art Nachttopf verwendet, unter Anderem in Gefängnissen, also kam das Gesäß entsprechend oft in Kontakt damit.

Jemandem den Arsch aufreißen sagt man sinnbildlich, wenn man auf jemanden sauer ist. Auch wenn es rigoros abgestritten ist, wäre es nicht undenklich, dass dieses Sprichwort tatsächlich einen wahren Hintergrund hat, vor allem im Polizeijargon.

Jemandem auf der Nase herumtanzen ist schon seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Die Nase ist sehr empfindlich, darauf zu tanzen wäre also eher respektlos. In der Schweiz wird sogar das Geschät auf dem Riechorgan verrichtet.

Kalte Füße bekommt man, wenn man vor einer stressigen Situation steht, in Panik gerät, und sich davor scheut zu handeln. Fritz Reuter hatte sich in einem Roman einen Kartenspieler ausgedacht, welcher seine kalten Füße als Ausrede verwendete, aus einer verlorenen Partie zu flüchten.

Kein Blatt vor den Mund nehmen wird von vielen als unhöflich angesehen. Tatsächlich hatte man früher im Theater ein Blatt vor den Mund gehoben, um damit starke Austrücke unverständlich zu machen. Genauso besteht eine Verbindung zum Weinblatt, da Alkohol einen eher direkt werden lässt.

Aus den Augen, aus dem Sinn hatte man bereits in der Antike gesagt, damals noch auf eine schwache Liebe bezogen. Heute findet man die Redensart in den meisten Sprachen Europas.

Sich das Maul über jemanden zerreißen ist nicht besonders freundlich. Kritik ist zwar wichtig, man muss aber auch nicht allzu harsch werden.

Als Augenweide bezeichnet man besonders attraktive Menschen. Hier wird das Auge mit einem grasenden Tier verglichen, welches sich an der Schönheit einer Person labt.

Jemanden hüten wie seinen Augapfel tut man vor allem mit denjenigen, die einem besonders wichtig sind. Weil die allermeisten Menschen wissen, wie wichtig die eigenen Augen sind, ist dieses Sprichwort in dutzenden Kulturen vorhanden.

Die Haare vom Kopf fressen ist nicht kaum möglich, schließlich sind die Haare nahezu unmöglich zu verzehren. Bei manch einem gierigen Zeitgenossen könnte man aber meinen, dass er nicht einmal davor zurückschrecken würde.

Einen Braten in der Röhre sagt man sinnbildlich über Frauen, die gerade schwanger sind.

Sich gebauchpinselt fühlen tut man bei übertriebenen Schmeicheleien. Ursprünglich auf Speisen bezogen, wurde der Ausdruck später auf andere Dinge übertragen.

Montezumas Rache ist eine Metapher für Durchfall. Montezuma war ein Aztekenkönig, wem von den Spanischen Eroberern Land und Volk geraubt wurde. Als Fernreisen nach Südamerika zur Mitte des 20. Jahrhunderts beliebter wurden, plagte viele Touristen Durchfall. Diese nannten das "Montezumas Rache", als hätte sie der Aztekenkönig spät, aber heftig bestraft.

Tomaten auf den Augen hat man, wenn man offensichtliche Dinge nicht erkennt. Die Redensart kommt von der Farbe: Wenn man übermüdet ist, ist zum einen die Wahrnehmung eingeschränkt. Zum anderen erscheinen die Augen rot wie Tomaten.

Eine Schlange am Busen nähren stammt von einer römischen Fabel. In dieser nimmt ein Mann eine Schlange in sein Gewand au, um sie zu wärmen. Wenn sich die Schlange von der Kälte erholt hat, beißt sie ihm in den Bauch. Genau wie die Schlange beschreibt diese Metapher, wenn man naiv einen Menschen unterstützt, welcher einem nur schadet.

Ungeschoren davongekommen sind historisch Leute, welche den scherzhaften Strafen von Vereinen wie der Hanse durch Freikaufen aus dem Weg kamen. Dabei wurden die Bestraften gerne mal buchstäblich geschoren.


Audio

Ungeschoren davonkommen

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17_Ungeschoren_davonkommen.mp3


Eine Schlange am Busen nähren

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16_Schlange_am_Busen_naehren.mp3


Tomaten auf den Augen haben

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15_Tomaten_auf_den_Augen.mp3


Montezumas Rache

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14_Montezumas_Rache.mp3


sich gebauchpinselt fühlen

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13_sich_gebauchpinselt_fuehlen.mp3


einen Braten in der Röhre haben

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12_Braten_in_der_Roehre.mp3


einem die Haare vom Kopf fressen

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11_Haare_vom_Kopf_fressen.mp3


jemandes Augapfel sein

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10_Augapfel.mp3


eine Augenweide sein

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9_Augenweide.mp3


Aus den Augen, Aus dem Sinn

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8-_Aus_den_Augen_aus_dem_Sinn.mp3


sich das Maul über jemanden zerreißen

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7_sich_das_Maul_ueber_jemanden_zerreisen.mp3


kein Blatt vor den Mund nehmen

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6-_Kein_Blatt_vor_den_Mund_nehmen.mp3


kalte Füße bekommen

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5_kalte_Fuese_bekommen.mp3


Jemandem auf der Nase herutanzen

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4-_Jemandem_auf_der_Nase_herumtanzen.mp3


Jemandem den Arsch aufreißen

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3_Jemandem_den_Arsch_aufreisen.mp3


Mit dem Rücken zur Wand stehen

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1_Mit_dem_Ruecken_zur_Wand.mp3


Das passt wie Arsch auf Eimer!

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2_Das_passt_wie_Arsch_auf_Eimer-.mp3





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