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16. Filmfest FrauenWelten: Die Gesprächsrunde 2 - das Publikumsgespräch
Auf dem Podium sprachen (auf dem Bild von links nach rechts zu sehen, mit Mikro die Filmfestleiterin Irene Jung):
Güner Yasemin Balci - sie ist Gründungsmitglied des Muslimischen Forums Deutschland. Sie wurde als Kind türkischstämmiger Eltern in Berlin geboren und alevitisch erzogen. Sie war bei einem Modellprojekt zur Gewaltprävention und in einem Mädchentreff tätig, bevor sie als freie Journalistin und Fernsehautorin arbeitete. Mit zwei Romanen setzte sie sich mit der Situation von Migranten auch literarisch auseinander. Für eine ihrer Dokumentationen und ihren Film "Der Jungfrauenwahn", der auf dem Festival gezeigt wurde, erhielt sie Auszeichnungen.
Naïla Chikhi wurde in Algerien geboren. Sie studierte Sprach- und Kulturwissenschaften und Jura. Sie spricht Deutsch, Französisch, Arabisch und Englisch und leitet aktuell CONNECT, das Patinnenprojekt von TERRE DES FEMMES für geflüchtete Frauen in Berlin.
Zana Ramadanis Familie stammt aus Albanien, sie wuchs in Mazedonien und Deutschland auf, wurde CDU-Mitglied und gründete FEMEN Deutschland.
Saïda Keller-Messahli wuchs in Tunesien und der Schweiz auf. Sie legte ihr Abitur in Tunis ab und arbeitete u.a. bei einer saudischen Fliugesellschaft als Flugbegleiterin. Danach studierte sie Rechtswissenschaften, Romanistik, Englische Literatur und Filmwissenschaft in Zürich. Sie ist Präsidentin des „Forum für einen fortschrittlichen Islam“, das sie 2004 gründete und gehört zu den Erstunterzeichnern der Freiburger Deklaration.
Saïda Keller-Messahli versteht sich als liberale bzw. säkulare Muslimin. Religion, so betont sie, sollte Privatsache sein, Grundlage eines Staates die demokratischen Grundwerte. Sie unterscheidet davon den politischen Islam, der missionieren und politischen Einfluss in den westlichen Ländern gewinnen möchte. Im anschließenden Publikumsgespräch führte sie ihre Recherchen zum Netzwerk der politischen Islamisten genauer aus.
Hier ein Auszug aus Ihren Antworten
Publikumsteilnehmerin: Ich habe eine Frage, grade auch zu diesen Kulturzentren und Moscheen, also ich frage mich: wie kann man verhindern, dass das irgendwie alles verboten wird aus Angst, dass da Radikalisierung stattfindet, oder gibt es irgendwelche Kriterien zur Unterscheidung?
Saïda Keller-Messahli: Ja, man muss recherchieren, wissen: von welcher Moschee sprechen wir? Zu welcher Gruppe gehört diese Moschee? Wie ist sie verbunden mit dem Ausland? Tatsache ist, dass eigentlich alle Moscheen, ich spreche jetzt auch von Deutschland, aber auch von der Schweiz, dass alle Verbindungen haben zum Ausland. Vorhin ist das Stichwort „DITIB“ gefallen, das ist die türkische Religionsstiftung oder Religionsbehörde (Anm.: der Regierung Erdogan), in der Schweiz heißt sie eben „Diyanet“, wie in der Türkei. Allein von Diyanet haben wir in der Schweiz ungefähr 70 Moscheen. Also wenn man weiß: In welche Gruppe gehört eine Moschee? Dann kann man sich auch ein Bild machen von den Verbindungen.
Also in der Schweiz sind wir momentan quasi dabei zu merken, was für einen hohen Preis wir dafür bezahlen müssen, dass wir das zugelassen haben, dass ein Land wie die Türkei die totale Herrschaft hat über 70 Moscheen, davon gehören 20 zur islamistisch-nationalistischen Weltbewegung ‚Milli Görüs‘. Das hat ganz große Konsequenzen, das sind alles eben politische Fragen, die die Leute selber beantworten müssen. Bei Albanien, ich habe vorhin die „Union albanischer Imame der Schweiz“ (www.uais.ch) erwähnt, deren Präsident ja eben in diese dubiose Organisation www.eoic.org in Genf gewählt wurde, da ist die direkte Verbindung zu Saudi-Arabien gegeben, das ist so klar. Und so muss man eigentlich immer forschen, schauen zu welcher Gruppe gehört diese Moschee. Wer steht dahinter? Welcher Verband ist es? Wie sind seine Verbindungen europaweit und ins Ausland? Und dann versteht man, woher etwas kommt und ob man das haben will oder nicht.
Irene Jung: Also ich habe die Frage jetzt auch als eine Frage nach dem: „Was tun?“ verstanden. Was sind denn die Möglichkeiten, wenn man identifiziert hat: Wie ist die Situation, wie sind die Verbindungen... Was sind dann die Optionen, was kann man tun?
Saïda Keller-Messahli: Ja, wir haben Politiker gewählt, die für uns handeln müssen. Ja, sie wurden gewählt, um unseren Willen, unseren politischen Willen umzusetzen. Und diese Frage stellt sich auch für uns in der Schweiz. Wir versuchen, zu den Politikern zu gehen, auch zu denen, die wir vielleicht nicht unbedingt gewählt haben, aber wir versuchen den Politikern die Zusammenhänge zu erklären. Ich stelle fest, in der Schweiz gibt es praktisch keinen einzigen Politiker, der wirklich den Durchblick hat in Sachen Islam (Lachen aus dem Publikum). Die Leute sind so unsicher, sie haben so wenig Wissen; also bitte holt euch doch Fachkräfte, holt euch jemand, der euch alles auseinandernehmen und euch erklären kann.
Es gibt sie, diese Leute, es gibt sie, es gibt sie auch an ausländischen Universitäten wie beispielsweise Wien, es gibt sehr viele Leute, die forschen, die sollte man in die Politik holen. Man sollte zum Beispiel so etwas wie eine Task Force machen in Sachen Islam. Ich will überhaupt nicht alarmistisch sein, aber ich persönlich bin immer noch erschüttert darüber, dass wir so viele Dschihadisten haben in Europa. Es erschüttert mich und ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich finde, es wäre der Moment, eine Task Force zu machen auch für Politiker, damit die das Thema besser verstehen und auch bessere Instrumente entwickeln können; sich vielleicht auch mit Politikern im Ausland verbinden, denn es ist ein Phänomen, das alle etwas angeht. Konzepte erarbeiten zusammen.
Ich sehe zum Beispiel – denn ich erteile einen Kurs über die Radikalisierung und anderes für das Strafvollzugspersonal in der Schweiz, und dadurch habe ich ein bisschen Einblick in die deutsche Seite – dass Deutschland sehr viel weiter als die Schweiz ist, wenn es darum geht, gute Unterlagen zu machen für das Personal; ja, sie haben sehr viele gute Unterlagen in Deutschland, in den verschiedensten Ländern, zum Thema Prävention, zum Thema Radikalisierung und andere. Aber für ein Feld wie das Moscheen-Netzwerk, das sich in diesen Ländern breit gemacht hat und wie es instrumentalisiert wird vom Ausland, da muss man Leute zusammenbringen, die das genau erforschen. Und die müssen eigentlich die Politiker instruieren, ihnen beibringen, wie das alles zusammenhängt und diese müssen daraus dann ihre Schlüsse ziehen, ja, man muss gewisse Beziehungen zum Ausland auch überdenken.
Wir müssen auch in der Wirtschaft unsere Beziehungen überdenken zu Saudi-Arabien, zu Katar, zu Kuwait. Ich sehe, man verkauft ihnen sehr gerne schnell etwas, weil sie einfach Geld haben. Halb Paris gehört jetzt den Kataris, oder London. Wollen wir das? Ja, auch die Wirtschaft ist zur Verantwortung zu ziehen, damit sie nicht mit einem schlechten Beispiel vorangeht und nur verkauft, weil Geld kommt. Da muss man sich überlegen: Ja, wem verkauft man da eigentlich?
Zum Nachhören: Das Podiumsgespräch gibt es hier.
Audio
Saïda Keller-Messahli: "politischer Islam"
1_Kriterien_und_Handhabe_politicher_Islam.mp3
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