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Diskussionen zur Situation der Geflüchteten in der Kreissporthalle
Letzte Woche Dienstag fand im Sudhaus eine Podiumsdiskussion statt. Auf der Bühne saßen Geflüchtete, die momentan in der Kreissporthalle in Derendingen leben. Mit Hilfe von Dolmetschern erzählen sie dem Publikum von ihrer Situation in der Halle. Den Aussagen nach zu urteilen, ist die Situation mehr als schlimm.
Anfangs hieß es, dass die Geflüchteten nur ein paar Wochen in der Halle sein müssten; danach kämen sie woanders hin. Viele von ihnen sind mittlerweile jedoch seit Monaten in der Halle. Kaum einer von ihnen komme aus der Halle raus, im Gegenteil. Es kämen eher immer wieder Menschen dazu, so dass inzwischen zwischen 250 und 275 Geflüchtete aus verschiedenen Nationen in der Halle leben. Bei so vielen Menschen, darunter auch viele Kinder, Kleinkinder und Babies, kann es sehr schnell sehr laut werden. Auf einer Leinwand hinter dem Podium werden verschiedene Bilder gezeigt, die die Geflüchteten gezeichnet haben. Auf einem ist zu sehen, wie manche Personen laut Musik hören und in der Halle rauchen. Gemäß dem Landratsamt wurde auch in der Halle die so genannte Nachtruhe vereinbart - ab 22 Uhr soll es in der Halle ruhig sein, damit die, die schlafen wollen, in Ruhe auch schlafen können. Die Geflüchteten berichteten auf dem Podium jedoch, dass sie teilweise die ganze Nacht über nicht schlafen könnten, weil es ständig laut in der Halle sei.
Ohnehin scheint die Schlafsituation in der Halle schwierig zu sein. Manche Kinder schlafen auf dem blanken Holzboden, weil sie aus den ungesicherten Stockbetten fallen. Die meisten, die eine Schule oder einen Deutschkurs besuchen, finden oft weder Platz noch Ruhe, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Es gibt auch keinen Gebetsraum, indem die Geflüchteten sich zurückziehen und ihre Religion ausüben könnten. Manche Geflüchtete sollen zudem von der Security bevorzugt behandelt werden, was für zusätzliche Spannungen sorgt. Beispielsweise dürften manche von Ihnen Besuche empfangen und andere wiederum nicht.
Den Landrat wundert es nicht, dass es in der Halle häufiger zu Konflikten kommt - und greift auf einen etwas anderen Vergleich zurück: "Wenn sie 100 Schwaben und 50 Badener in einen Raum stecken, dann haben sie auch soziale Konflikte."
Familien fällt es unter diesen Bedingungen schwer, ihre Kinder angemessen zu erziehen. Durch den Kontakt mit so vielen unterschiedlichen Menschen, hören und sehen die Kinder oft Dinge, die nicht ihrem Alter entsprechen. Das mache die Kinder zusätzlich zu der ohnehin schon angespannten Situation aggressiv und ängstlich. Einmal zum Beispiel kam die Polizei mit Hunden in die Halle, was vor allem die Kinder stark verängstigt hat.
Außerdem haben die Geflüchteten keine Möglichkeit selbst zu kochen; das Essen wird von einem Caterer geliefert. Allerdings gebe es kaum eine Auswahl; Mittags wie Abends sei das Essen fast immer dasselbe. Gemäß dem Landratsamt rotiere der Speiseplan alle 3 Wochen. "Mal gebe es die Nuss-Nougat Creme zum Frühstück, mal die Joghurt-Creme.", so die Aussage des Landrats.
Auch die medizinische Versorgung innerhalb der Halle sei dürftig; die Geflüchteten hätten kaum Möglichkeiten, zu einem Arzt außerhalb zu gehen. Einer der Geflüchteten erzählt von vier Menschen, die unter diesen widrigen Umständen leben müssen. Eine dieser Menschen ist eine schwangere Frau, die bald gebären wird. Momentan lebt sie in einer Privatwohnung – fürs Erste jedenfalls. Nach zwei Monaten soll sie mit ihrem Kind wieder zurück in die Halle. Während sie nicht in der Halle lebt, soll ihr „Lohn / Taschengeld“ gestrichen werden. Eine syrische Frau hat Bandscheibenprobleme und bräuchte dringend eine OP; genau wie ein syrischer Mann, der unter Herzproblemen leidet. Beide Operationen sind schwer und bedeuten eine zusätzliche Belastung; in beiden Fällen sagten die jeweiligen Ärzte, dass sie aus der Halle raus müssen. Dort könnten sie nicht bleiben. Doch auch den anderen Menschen in der Halle sei die Situation kaum zuzumuten; nach und nach würden immer mehr Menschen unter psychischen Problemen leiden. Einer der Geflüchteten beschreibt das so: "Wir fühlen uns wie im Krieg."
Eine zusätzliche Belastung für Erwachsene und Kinder sind die hygienischen Bedingungen in der Halle. Der Holzboden in der Halle sei ständig schmutzig. Einmal die Woche käme zwar eine Reinigungsfirma, um den Boden zu reinigen. Den Rest der Woche müssten sich die Geflüchteten selbst um die Reinigung kümmern. Doch die haben in der Regel keine Ahnung, wie man den Boden der Turnhalle richtig sauber macht. Zudem ziehe der Boden sehr viel Feuchtigkeit; einer der Geflüchteten erzählt von einem Schimmelgeruch, der immer wieder hochkommt. Bedenken gibt es da vor allem wegen der Kinder, die teilweise auf dem Boden schlafen, krabbeln und spielen.
Die Waschmaschinen und Trockner, aber auch die Bäder und Toiletten werden ständig benutzt. Teilweise muss man mehrere Tage warten, bis man selbst an die Reihe kommt. Um ihre Babys und Kleinkinder zu waschen, müssen Mütter Wannen ausleihen, da die Duschen hierfür nicht ausgelegt sind. Zudem können die Geflüchteten nicht spontan entscheiden, ob sie jetzt oder morgen sich und ihre Wäsche waschen wollen. Alles muss mindestens einen Monat vorher genau geplant werden.
Fehlende Privatsphäre, schmutzige Sanitäranlagen, ständiger Lärm; diese Dinge belasten die Geflüchteten tagtäglich. Es zermürbt sie, macht sie müde, verzweifelt und manchmal auch agressiv. Verstärkt wird das durch die Ungewissheit: Können sie in Deutschland bleiben oder werden sie abgeschoben? Viele Geflüchtete wünschen sich endlich Gewissheit zu haben - sie wünschen sich ein Ende ihrer scheinbar endlosen Asylverfahren. "Akzeptieren" oder "Nicht Akzeptieren" ist egal - Hauptsache, sie bekommen endlich eine Antwort.
Auch bei der Landratssitzung am Mittwoch Nachmittag wurde über die Situation in der Kreissporthalle diskutiert. Dabei kamen unter anderem die Punkte der Sauberkeit, der Ernährung und der ärztlichen Versorgung zur Sprache. Gemäß der Aussage des Landrates könne der Landkreis derzeit auf die Kreissporthalle als Unterkunft nicht verzichten. Zum einen, weil es derzeit keine Möglichkeit gibt, die jetzigen Bewohner der Halle anderweitig unterzubringen. Vorerst will man jedoch keine weiteren Menschen in der Halle unterbringen. Außerdem verucht man, für Menschen mit besonderen Bedürfnissen - zum Beispiel Schwangere, Mütter mit Kleinkindern, sowie Menschen mit schwerren körperlichen Leiden - nicht mehr in der Halle unterzubringen. Diejenigen, die sich noch in der Halle befinden, sollen so schnell wie möglich an anderen Orten untergebracht werden. Jedoch sucht man hier noch nach entsprechenden Unterkünften. Hinzu kommt, dass noch weitere Geflüchtete im Landkreis ankommen und untergebracht werden sollen. Noch ist unklar, wie viele Geflüchtete genau ankommen. Genau deswegen möchte der Landrat die Kreissporthalle als Unterkunft derzeit noch nicht auflösen.
Audio
Podiumsdiskussion im Sudhaus - komplett
Podiumsdiskussion_im_Sudhaus_-22-03-16-.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (1) - allgemeiner Überblick über die Situation in der Kreissporthalle
Sudhaus1_-_Situation_in_Kreissporthalle.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (2) - Aufenthaltsdauer, Lärm, Lebensmittel / Ernährung & gesundheitliche Versorgung
Sudhaus2_-_allg-_Probleme_-Aufenthaltsdauer-Laerm-LM-_ges-_Versorgung-.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (3) - Sauberkeit, Reinigung & lange Asylverfahren
Sudhaus3_-_Sauberkeit_-_lange_Asylverfahren.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (4) - Kindererziehung & keine Privatssphäre / keine Intimität
Sudhaus4_-_Kindererziehung-_keine_Privatsphaere_u-_Intimitaet.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (5) - Volle Heime, keine Gebetsräume und bevorzugte Behandlung
Sudhaus5_-_volle_Heime-_alle_kommen_in_Halle-_keine_Gebetsraeume-_bevorzugte_Behandlung_verursacht_extra_Spannung.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (6) - Situation für Schwangere & Kinder, Waschmöglichkeiten, Schlafen, Schule
Sudhaus6_-_Situation_fuer_Schwangere-_Kleinkinder-_Kinder_Waschen-_Duschen-_Stockbetten-_Schule-_Wecken.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (7) - Fallbeispiele für medizinische Sonderfälle & keine Kochmöglichkeiten
Sudhaus7_-_Fallbeispiele_-_keine_Kochmoeglichkeit.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (8) - Das Mädchen Joudi erzählt aus der Sicht der Kinder
Sudhaus8_-_Joudi_und_die_Sicht_der_Kinder.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (9) - Ergebnisse des ersten Treffens mit Vertretern des Landratsamtes
Sudhaus9_-_Ergebnisse_Gespraech_mit_LRA_TUe.mp3
Podiumsdiskussion im Sudhaus (10) - Publikumsdiskussion
Sudhaus10_-_Publikumsdiskussion.mp3
Diskussion zur Kreissporthalle in der Sitzung des Landtags (23.03.16) - kurz (Standpunkt)
Diskussion_Landratsamt_TUe_-_Statement.mp3
Diskussion zur Kreissporthalle in der Sitzung des Landtags (23.03.16) - komplett
Diskussion_Landratsamt_TUe_-23-03-16-.mp3
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